Sehr geehrte Damen und Herren der deutschen Botschaft,

Ich schreibe Ihnen diesen Brief schweren Herzens und bitte Sie dringlichst um Hilfe. Seit zwei Wochen verbringen meine Freundin und ich einen tollen Urlaub auf dieser wunderschönen Insel … bis gestern Abend. Nach einem Clubbesuch wollten wir Richtung Hotel aufbrechen, aber auf dem Weg gerieten wir in eine Straßenparty und versackten im lauten Getümmel. Trotz mangelnder Sprachkenntnisse fanden wir schnell Freunde zum abhotten und rumgrooven. Klingt auf indonesisch besser. Ich kämpfte mich aus der twerkenden Meute und fragte einen jungen Mann, der an der Ecke entspannt rauchte, nach einer Zigarette. Er schien meine Gesten zu verstehen und gab mir eine. Nach ein paar Zügen bemerkte ich, dass die Leute in meine Richtung schauten und sich langsam zurückzogen. Grund dafür war bestimmt der seltsame Geruch, der in der Luft lag. Na toll, wieder in Hundescheiße getreten. Ich beschloss aufzubrechen. Beim Aufstehen fühlte ich mich etwas schwerfällig, aber ich hatte zuvor auch reichlich gegessen, trotzdem packte mich nun der Appetit auf Satéspieße oder Gado Gado. Ich verwarf den Gedanken an Essen und stellte fest, dass ich nicht mehr wusste, in welcher Richtung sich das Hotel befand.

Zum Glück erblickte ich an der nächsten Straßenecke einen Polizisten, der würde mir sicher helfen. Schwerfällig schlenderte ich mit meiner Zigarette zu dem Cop und fragte nach dem Weg. Ich war sehr freundlich, weshalb es mir absolut unverständlich ist, dass er plötzlich hysterisch mit den Händen fuchtelte und mich auf indonesisch anschrie. Das war mir unangenehm, die Leute guckten schon und ich wollte mich zum Gehen wenden, aber er hielt mich auf. Vielleicht lag sein Unmut darin, dass ich seine kostbare Beamtenzeit für eine simple Wegbeschreibung verschwenden wollte? Ich beschloss, ihm als Entschuldigung, Zeichen der Wertschätzung und des guten Willens, ein bisschen Geld zu geben. Ich kramte einen 100000 Rupien-Schein hervor, was in etwa 5,70€ entspricht und streckte ihn dem Polizisten entgegen. Danach eskalierte alles komplett. Er knallte mich auf die Motorhaube des Polizei-Hyundais und legte mir Handschellen an. Ich verstand die Welt nicht mehr, ich hatte doch lediglich nach dem Weg gefragt. Jetzt sitze ich hier im Gefängnis und schreibe Ihnen ratlos schluchzend diesen Brief. Mir wird Beamtenbestechung vorgeworfen und der Konsum von Marihuana. Scheinbar stehen darauf mindestens 15 Jahre, wovon ich bisher lediglich 3 Stunden verbüßt habe … im schlimmsten Fall droht die Todesstrafe. Ich weiß nicht, ob es eine Kaution gibt, und wenn, würde ich sie gern mit meiner Visa zahlen. Meine Zelle ist ein Kerker, mit nichts als einem Brett ausgestattet und ich glaube nicht, dass es ein Upgrade gibt. Bitte richten Sie meiner Freundin aus, ich werde nicht vor dem Abendessen da sein. Ich schwöre, das ist ein Missverständnis und hoffe auf baldige Aufklärung.

Mit freundlichen Grüßen

Sophie Jones