1. Ein Ferkel wird vergessen

Gerade war ich noch fest in deiner Hand, Theo. Wir beide waren fasziniert von der unglaublichen Aussicht: Rechts die Steinwüste, links die kahlen Felswände. Vor uns erstreckte sich der Infiniti Pool unseres Hotels in diese unwirkliche Landschaft. Mama und Papa sorgen schon gut für uns!

Ich reckte meinen Rüssel in die Luft, um diesen Ausblick als wunderbare Erinnerung an diesen Urlaub mit dem speziellen Duft der staubigen Wüsten abzuspeichern.

Plötzlich wart ihr weg. Alle 4, wie vom Erdboden verschluckt.

Vor lauter Schock blieb mir ein ängstliches Quieken im Rüssel stecken. „Was mache ich den bloß als kleines Ferkel alleine in der Wüste?“ liefen mir gestresste Gedanken durch den Kopf. Vor allem: „Wie komme ich wieder zurück ins schöne Österreich und zu dir, mein lieber Theo?“

Der „Fight or Flight“ Instinkt stieg in mir hoch. Ich nahm meine Klauen in die Hand und sauste im sprichwörtlichen Schweinsgalopp* durch die gepflegte Hotelanlage, vorbei an übergewichtigen Touristen an der All Inklusive Bar und hechtete die Stiegen rauf zu unserem Hotelzimmer.

(*Schweinsgalopp bedeutet übrigens, dass die Füße den Boden nur für 2 Dinge berühren: zum Beschleunigen oder für Richtungsänderungen. Das lernst du sicher noch einmal, spätestens wenn dich ein Stabswachtmeister in der Grundausbildung in der Kaserne „anfeuert“ schneller zu laufen.)

Ich galoppierte durch den Flur und um die Ecke auf unsere Zimmertüre zu. Eine Welle der Erleichterung schwappte durch meinen gestressten Ferkelkörper: Die Türe zu unserem Zimmer stand offen! Konntet ihr tatsächlich noch da sein?

Ich sprang hinein und sah mich um. Enttäuschung. Anstatt Mama, Papa, dem kleinen Ferdi und dir, lieber Theo, sah ich nur eine Reinigungskraft, die gerade die Betten frisch überzog.

Traurig und leicht panisch schlich ich durch die offene Balkontür ins Freie und suchte mir auf der Rückseite des Hotels ein schattiges Plätzchen. Ich rollte mich ein und salzige Krokodilstränen kullerten links und rechts meinen Rüssel hinunter.

In meinen Gedanken suchte ich Zuflucht in unseren gemeinsamen Abenteuern der letzten Tage. Lachend springen und rutschen wir die Dünen hinunter. Diese Erinnerungen halfen mir mich etwas zu beruhigen.

Das müssen wir uns merken Theo ganz alleine sind wir nie, auch wenn wir nicht beieinander sind! Die Erinnerung half mir mich etwas zu beruhigen und erschöpft schlief ich ein.