von Manuela Broser
Diesmal stattete mir sogar der Oberguru des Schiffes einen Besuch ab. El Capitano höchstpersönlich hatte von meiner Misere Wind bekommen und wollte sich mit eigenen Augen überzeugen, dass es mir gut ging. Wie peinlich! Er war ein netter alter Mann und sah tatsächlich wie Kapitän Iglo aus dem Werbespot aus. Jedoch befahl er mir mit strenger Miene, eine Stunde in der Kajüte auszuruhen und es danach langsamer anzugehen. Ich würde heute definitiv nichts mehr angehen – das Schiff war abgefahren! *glucks* Wortspiel! Also blieb ich brav eine Stunde in der Kabine und machte mich im Anschluss im Bad frisch. Man hatte mir ein paar salzige Cracker und ein Bitterlemon gebracht, damit mein Magen keine Achterbahn mehr fuhr. Es half und wahrscheinlich auch die Tatsache, dass ich den guten Alkohol ausgekotzt hatte. Schade nur, dass ich mir bei Samuel keinen neuen mehr holen konnte.
Ich hatte nicht das Bedürfnis weiter an den Feierlichkeiten teilzunehmen, deswegen war ich wenig überrascht, als mich meine Schritte intuitiv an Samuels Bar lenkten. Doch diesmal bekam ich keinen Whiskey serviert, sondern eine Clubsoda auf Eis mit einer Limettenscheibe. Langweilig! „Du siehst schon besser aus, alles okay bei dir?“ Ich zuckte mit der Schulter. „Nichts ist okay, aber wenn du damit auf meinen rebellierenden Magen anspielst, ja, dem gehts schon besser.“ Sam lächelte mich matt an. „Ich hätte dir wohl nicht so viel Whiskey ausschenken dürfen, mein Fehler.“ Ich schnaubte. „Na hör mal, ich bin eine erwachsene Frau und normalerweise ziemlich trinkfest. Ist wohl nicht mein Tag.“ Ehe Samuel antworten konnte, gesellte sich ein neues Gesicht zu uns. „Hey, darf ich mich zu dir setzen?“ Karl – laut Namensschild – sah mich freundlich und offen an und ich beschloss, ihm eine Chance zu geben. Er bestellte sich ein Bier und wir kamen ins Gespräch. Samuel hielt wohl wenig von Privatsphäre, denn er hielt sich immer in unserer Nähe auf und belauschte offensichtlich unsere Unterhaltung. Karl entpuppte sich jedoch schnell als einer dieser schmierigen Typen, die sehr viel auf sich selber hielten und dachten, sie seien ein Geschenk an die Frauenwelt. Nach einer Weile versuchte ich das Gespräch zu beenden, doch Karl interpretierte meine Worte wohl absichtlich falsch, denn er grinste mich breit an. „Wenn wir zurück an der Anlegestelle sind, was hältst du dann davon, noch mit zu mir zu kommen?“ „Oh, das klingt wirklich verlockend, aber ich muss nach Hause zu meinem Dom. Wenn ich nicht pünktlich bin, dann bekomme ich seine Wut zu spüren. Eine sehr schmerzhafte Erfahrung.“ Karli-Karli bekam ganz große Augen und wurde schließlich rot im Gesicht. „Ähm … oh, sorry, aber das ist nichts für mich“, stotterte er, trank sein Bier aus und flüchtete. „Dein Dom? Wirklich?“ Sam betrachtete mich neugierig. Ich konnte mein Lachen nicht mehr zurückhalten. „Domino – Dom – meine Katze. Ich habe mit keinem Wort gelogen.“ Samuel stimmte in mein Lachen mit ein und schüttelte den Kopf. „Ernsthaft, mit dir wird es nicht langweilig.“ Ich schmunzelte, bevor ich eine Schnute zog. „Bitte sag mir, dass wir bald da sind. Ich sitze auf einem Pulverfass!“ „Du musst noch etwas Geduld haben, das Hauptspektakel findet erst noch statt.“ Ich stöhnte und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Nicht fragen, bloß nicht fragen!!
© Manuela Broser 2024-02-10