2. Yusuf, Datteln & die Karavane

Jakob Hysek

von Jakob Hysek

Story
Oman 2025

Bei uns Ferkeln ist das so, dass unser Rüssel und damit unser Geruchssinn unser wichtigstes Sinnesorgan ist. Wir sind wahre Supernasen und haben mehr Riechzellen als Hunde in ihren feinen Nasen. Natürlich riechen wir damit auch weitaus besser als du, Mama und Papa gemeinsam. Ich kann zum Beispiel bis in eine Tiefe von einem halben Meter Wurzeln, Trüffel und sonstige Leckereien aufspüren. Theo, deine Jausenbrösel sind also nie eine Herausforderung.

Deswegen kannst du mich auch aufwecken, wenn du ein Käsebrot neben mich legst. Als ich dieses Mal aber langsam aus meinen Träumen zurückkam, war es kein angenehmer Duft, sondern eher eine strenge Mischung aus Schweiß, Dung, Staub und Datteln. Final war es ein dumpfes Geräusch und ein großer Schatten, die mich aus meinem unruhigen Schlaf rissen.

Als sich meine Augen wieder an das Licht gewohnt hatten, lag vor mir ein komisch geformtes Tier. Eine sandgelbe Schnauze mit etwas gelben, leicht schiefen Zähnen die in ovalen Kreisen Kaugummi zu kauen schienen. Dahinter ein langer, nach unten gebogener Hals, der gefühlt direkt in einen Berg überging. Der „Berg“ war mit einem rot gemusterten Tuch und Sattel bedeckt.

„Was bist denn du?“, fragte plötzlich das riesige Tier. „Ich bin ein Edelschwein Ferkel“, antwortete ich, „und du?“ „Ein Kamel, kannst mich aber Yusuf nennen“, antwortete das Wüstenschiff. Yusuf sah mich neugierig an, lies sich dann auf seine Seite fallen und sagte trocken: „Siehst hungrig aus, schau mal da hinter mich.“ Durch seinen Umfaller waren Datteln aus der Satteltasche gefallen, mit einem Wink seines Kopfes signalisierte Yusuf mir, dass ich sie haben durfte.

Ich sage dir eins, Theo, eigentlich sind Datteln ja nicht so unseres, aber die schmeckten hervorragend. Das muss an der Atmosphäre gelegen sein. Das nächste Mal sollten wir sie mit Feta füllen, dann sind sie, glaube ich, noch besser!

Während ich dahin schmatzte, wollte Yusuf wissen, was ich hier alleine mache. Ich erzählte ihm von unserem Traumurlaub und dann dem Schreckensereignis, als wir uns aus den Augen verloren hatten. Stolz legte ich meinen Plan dar euch einfach nach Dubai zu folgen und dass ich dann mit dir wieder in den Flieger nach Hause steigen würde.

Als Yusuf fragte, wie ich kleines Ferkel denn bitte alleine vom Oman bis nach Dubai kommen wolle, sagte ich, das ist meine heutige Aufgabe. Wir haben ja gelernt, dass man nur eines nach dem anderen angehen kann. „Multitasking ist ein Mythos“, unterstrich ich meinen Punkt, „Hätte ich mich gestern schon darum gesorgt, wäre ich vor Sorgen umgefallen!“

„Bist ja eh im Dreck gelegen“, spottete Yusuf. „Aber weißt du was, wir ziehen heute sowieso weiter nach Dubai, du kannst einfach bei mir aufsitzen und ich zeige dir die Wüste!“

„Problem gelöst“, ging es mir durch den Kopf und ich sprang auf Yusufs Sattel, natürlich in die Tasche zu den Datteln und los gings!

© Jakob Hysek 2025-04-03

Genres
Reise
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional, Komisch, Hoffnungsvoll
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