von Johann Köppel
Der “Toschnfeitl” (auch als Taschenmesser oder Sackmesser bekannt) ist die am meisten besungene Messergattung in Österreich. Beginnend bei Ferdinand Raimunds “Verschwender”, zum genialen Duo Heller/Qualtinger “Wean du bist a Toschnfeitl” bis zum titelgebenden Song “A gscheida Bua” von Vodoo Jürgens. Es gibt meines Wissens keine Lieder über Stanleymesser, keine Songs über Brotmesser und auch keine Hits über diverse Schälmesser.
Meine älteste Erinnerung an den Taschenfeitl liegt schon sehr lange zurück. Altersmäßig bin ich im mittleren einstelligen Bereich. Ich sitze mit meinen Geschwistern in der Küche meiner Großeltern. Der Großvater nimmt einen Apfel und öffnet seinen Taschenfeitl. Er setzt den Feitl an und schält eine meterlange, hauchdünne Girlande von dem Apfel ab. Er schneidet den Apfel in Spalten und wir fallen wie die Piranhas über die geschälte und gespaltene Frucht her.
Als Kind vom Lande hatte ich natürlich auch einen klassischen Taschenfeitl, der aber nicht mein Liebling war. Damals war unser fast konkurrenzloser Held ein Franzose, der sich für den Apachenhäuptling Winnetou ausgab. Er ritt, von jugoslawischen Teilzeit-Apachen begleitet, durch die Karstlandschaft des Balkans. Alle hatten sie große Messer, die auch für einen mittelalterlichen Schwertkampf geeignet waren. Dagegen wirkte mein Feitl bestenfalls wie ein Zahnstocher. Als der tapfere Apache in die ewigen Jagdgründe eingegangen war, lösten ihn Rambo und Crocodile Dundee ab, die ihre Männlichkeit mit einem beachtlichen Schneidwerkzeug betont haben.
So verlor ich den Taschenfeitl für viele Jahre aus dem Fokus. Als “gscheida Bua” hatte ich natürlich meistens ein Messer dabei. Es war aber ein ultraleichtes Einhand-Klappmesser aus Metall und nicht ein historisches Bihander-Messer mit Holzgriff. Vergangenes Jahr wurde ich auf den “Biri-Feitl” aufmerksam. Zur Erklärung: Das Biri ist das Streuobstwiesengebiet rund um unseren Hausberg, den Nopler (364 Meter). Der Biri-Feitl hat einer Klinge aus handgeschmiedeten Schwedenstahl, scharf wie ein Samuraischwert. Die Griffe sind aus verschiedenen Holzarten der Bäume die im Biri wachsen. Kein Feitl gleicht dem anderen, jeder ein Unikat.
“Der Feitl sucht sich seinen Besitzer selber aus.“ sagte der Feitlmacher. Und so erwählte mich ein wunderschöner Feitl, der in seinem früheren Leben ein Rebstock gewesen ist. Zuerst sprang er mir ins Auge und dann in meine Hand. Der Griff schillert in mehreren Farben, die Reste eines Triebes, die Spuren eines Holzwurms, alles glatt geschliffen und doch sehr uneben. Er liegt so angenehm in der Hand und ich möchte ihn nie mehr weglegen. Together forever – ein Feitl fürs Leben.
Nach dieser Liebeserklärung für den Taschenfeitl möchte ich euch noch ein Zitat der legendären Mae West mitgeben, das von der amerikanischen Systempresse etwas abgeändert wurde:
„Is that a Toschnfeitl in your pocket or are you just glad to see me?“
© Johann Köppel 2020-11-05