Ich hab ja mit Friseuren nicht so viel Glück. Nach mehreren missglückten Haarschnitten hatte ich eine Friseurin gefunden, die auf meine Wünsche einging und mich super beraten hat. Drei Jahre ließ ich mir von ihr regelmäßig die Spitzen schneiden. Dann wurde sie schwanger und zog weg.
Ich blieb dem Salon treu und machte weiterhin Termine bei ihrem Kollegen aus. Eines Tages kam ich auf die glorreiche Idee: Ich wollte eine Veränderung. Typisches Frauen-Ding. Ich wollte Locken. Sofort. Eine Dauerwelle musste her!
Der Figaro bestätigte, dass mir das super stehen würde. Ich hatte aber noch Bedenken. Ich hatte schöne, lange Haare, die bis über die Schulterblätter reichten. Eine Dauerwelle gefiel mir, aber ich wollte auch meine Haare nicht kaputt machen. Aber der Friseur beruhigte mich mit Aussagen wie, dass es eine „ganz leichte“ Dauerwelle gäbe, die für die Haare „absolut unschädlich“ wäre. Fast schon „pflegend wie eine Tönung“ wäre diese Art der Dauerwelle. Er bemühte sich wirklich sehr, mir meine Bedenken auszureden. Und ich dachte mir: Er muss es ja wissen, er ist der Profi.
Also, Termin zur Dauerwelle ausgemacht. Ergebnis: erfreulich. Glücklich bedauerwellt und um 150 Euro ärmer verließ ich den Salon. Und war drei Tage lang zufrieden mit meiner Entscheidung. Dann wusch ich meine Haare. Danach, am Waschbecken stehend, kämmte ich die feuchten Haare. Als ich einen Blick in das Waschbecken warf, erfasste mich pures Entsetzen. Was zum ..? Ich starrte in das Waschbecken, zurück starrten unzählige, abgebrochene Haarspitzen. Je länger ich kämmte, umso mehr füllte sich das Waschbecken mit abgebrochenen Haaren. Ich war fassungslos. Ich inspizierte meine noch nassen, frisch gekämmten Haare. Ich erkannte sogar als Laie ganz deutlich, dass die Haare kaputt waren. Alle waren abgebrochen, auf ganz unterschiedlicher Länge. Unfreiwilliger Stufenschnitt. Ich wusste nicht, ob ich jetzt Lachen oder heulen sollte. Ich entschied mich für Lachen. Ich begann wie eine Irre zu kichern, es klang bestimmt wie die verrückte Hyäne aus “König der Löwen.”. Wie konnte ich nur so dämlich sein und mir weismachen lassen, eine Dauerwelle würde den Haaren nichts ausmachen? Wie konnte ich so dumm sein und mir einreden lassen, es gäbe so etwas wie eine pflegende Dauerwelle?
Einen Monat später war die Dauerwelle fast herausgewaschen und das Ausmaß der Zerstörung wurde richtig sichtbar. Fast 20 Zentimeter musste ich abschneiden lassen. Auf Schulterlänge. Ich denke, ich muss nicht erwähnen, dass ich mir einen neuen Salon suchte?
Gut, dass Haare wieder nachwachsen. Seit diesem Dauerwellen-Desaster pflege ich meine Haare so weit wie möglich ohne Chemie. Bio-vegane-Naturkosmetik-Shampoo und ebensolche Haarkuren. Und zum Färben verwende ich nur natürliches, pflegendes Henna. Heute, vier Jahre später, sind die Haare wieder lang, gesund und gepflegt. Und der (neue) Friseur darf nur Spitzen schneiden.
Foto: Unsplash, Veronica Colon
© Melly Schaffenrath 2020-12-13