Alleine Auto fahren

Isabel Jahn

von Isabel Jahn

Story

10 Jahre ist es nun her, dass ich den Führerschein gemacht habe. Seitdem, bin ich nicht mehr gefahren.

Nun stehe ich vor dem Auto meines Freundes. Ein schwarzer VW-Golf. Am Sonntag haben wir die Strecke zusammen geübt. Jetzt sitze ich alleine am Steuer.

Kalter Schweiß steht mir auf der Stirn. Mir ist heiß, obwohl meine Gliedmaßen eiskalt sind. Die Scheiben im Auto laufen an und Panik kommt in mir auf, weil ich nicht weiß, was ich tun soll. Ich drücke alle möglichen Knöpfe. Mein Gehirn ist offline und ich schäme mich, dass ich absolut keine Ahnung habe.

Ich starte den Motor. Die Lüftung bläst ganz laut Luft an die Scheiben und die Sicht wird klar. Ich habe freie Bahn beim Ausparken. Dann atme ich kurz auf. Nun geht’s durch die 30er Zone. Mit dem Tempo fühle ich mich vorerst wohl. Meine Sinne laufen auf Hochtouren und trotzdem fühle ich mich wie unter einer Glocke. Vor mir ein Zebrastreifen und zwei Fußgänger, die mich anlächeln. Das gibt mir das Gefühl, dass der Tag doch noch gut werden könnte. Ich halte ordnungsgemäß an.

Nach einigen Ampeln und ständigem Anhalten und Losfahren bin ich endlich auf der Autobahn. Erlaubte Geschwindigkeit 120 km/h. Es sind einige Autos unterwegs, die gern schneller fahren würden. Ich reihe mich in die Kolonne ein. Als die Abfahrt kommt, schere ich aus. Ich bin zu schnell, als die Kurve plötzlich da ist. Ich reiße das Lenkrad rum und die Reifen quietschen. Die Assistenten greifen ein und das Auto ist schnell wieder in der Spur. Das Langsamfahren fällt mir schwer. Als ich mich an die 70 km/h gewöhne, kommt die Ortschaft. Ich bremse auf 50 km/h runter und fühle mich im Stillstand. Beim Abbiegen komme ich in eine 30er Zone. Steh ich schon oder fahr ich noch? Ich sehe Parkplätze. Endlich! Die Erlösung!

Ich nehme den erst besten und lenke ein. Beim Aussteigen sehe ich, wie schief das Auto steht. So kann das nicht bleiben. Schaut aus, als hätte eine Frau eingeparkt. Ich will das Klischee nicht bestätigen. Also steige ich wieder ein. Nach 5 Versuchen steh ich immer noch schief. Das gibt’s doch nicht! Ein letzter Versuch. Schon besser, aber jetzt stehe ich in der Mitte von 2 Parkplätzen. Oh man! Ich gebe auf und akzeptiere, dass ich eine Frau bin, die offenbar nicht einparken kann.

Das Vorstellungsgespräch ist Nebensache. Im Kopf bin ich schon bei der Rückfahrt und spüre wie die Nervosität größer wird.

Die Heimfahrt habe ich gut überstanden und den Job sogar bekommen. Seitdem fahre ich die Strecke täglich.

© Isabel Jahn 2021-02-21

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