Alles garantiert echt fake?

Story

Alles wird gefÀlscht. Nachrichten, Fotos, Profile in den sozialen Medien, Waren aller Art und neuerdings auch ImpfpÀsse. FÀlschungen gab es immer schon, nur widmet man ihnen in letzter Zeit notgedrungen mehr Aufmerksamkeit.

Da man den Fakes ohnehin nicht mehr entkommt, ging ich vor einigen Jahren einmal dorthin, wo man offen zugibt, dass es sich um FĂ€lschungen handelt, nĂ€mlich ins Wiener “FĂ€lschermuseum”, das wirklich so heißt. Das ist ein kleines Privatmuseum direkt gegenĂŒber dem Hundertwasser-Haus. Doch wĂ€hrend sich im Hundertwasser-Haus die asiatischen Reisegruppen gegenseitig auf die FĂŒĂŸe stiegen, war ich im FĂ€lschermuseum ganz allein. Alle suchen nur das “Echte”.

Hier geht es allerdings nur um KunstfĂ€lschungen, hauptsĂ€chlich gefĂ€lschte Bilder. Das Museum besteht nur aus einem einzigen großen Raum im Souterrain, ist aber sehr informativ. Man erfĂ€hrt von den verschiedenen Arten der FĂ€lschungen, jeweils mit Beispielen, und auch von den berĂŒhmtesten FĂ€lschern, die es neuerdings bis zu Medienstars geschafft haben wie der inzwischen sattsam bekannte Wolfgang Beltracchi. Einem hat es allerdings nicht gutgetan, dass er seine FĂ€lscherpraktiken in einem unglaublich faszinierenden Buch, das ich schon vor langer Zeit einmal gelesen habe, preisgegeben hat, denn Eric Hebborn wurde 1996 kurz nach Erscheinen des Buches ermordet. Der Mord ist bis heute ungeklĂ€rt.

Leicht erschĂŒttert hat mich allerdings die Meinung von Kennern der KunstfĂ€lscherszene, dass 40 bis 60% aller auf dem Kunstmarkt befindlichen Kunstwerke, speziell bei Bildern, FĂ€lschungen sein sollen. Ich habe nĂ€mlich selbst viele Bilder, zwar nichts Besonderes, aber immerhin weit mehr, als ich brĂ€uchte, um meine WĂ€nde zu dekorieren. Ob FĂ€lschungen dabei sind, weiß ich nicht und will es auch gar nicht ergrĂŒnden. Ich frage mich nur, wie es sich auszahlen soll, Bilder im Verkaufswert von einigen hundert Euro zu fĂ€lschen. Aber da ich ohnehin nicht vorhabe, in den Kunsthandel einzusteigen, ist es egal, solange mir die Bilder gefallen. Und ich kaufe nur Bilder, die mir gefallen, ich schiele nicht nach Preissteigerungen.

In einer Welt, die ohnehin großteils bald nur noch virtuell sein wird, ist der Begriff der FĂ€lschung in der heutigen Form zunehmend obsolet. Also kann man ja gleich zugeben, dass alles falsch ist, wie ich es in der TĂŒrkei einmal sehr anschaulich erlebte.

Wenn man die archĂ€ologische Zone in Ephesos durch den unteren Ausgang verlĂ€sst, gelangt man in eine Einkaufsstraße mit allem, was das Touristenherz begehrt. Und dort hing tatsĂ€chlich ĂŒber einem GeschĂ€ft mit Handtaschen ein riesiges, gedrucktes und fix montiertes Schild mit der deutschen Aufschrift “Garantiert echte FĂ€lschungen”. Darunter steht etwas auf TĂŒrkisch, vermutlich die Übersetzung. Nun hĂ€tte ohnehin kaum jemand angenommen, dass die Gucci- und Prada-Handtaschen “echt” seien, doch das so deutlich hinzuschreiben, ist zwar dreist, aber immerhin entwaffnend ehrlich.

© 2022-01-21