von Rene_Stresemann
Es ist eine der größten menschengemachten Ökokatastrophen: Die Austrocknung des Aralsees. Dieser lag einst auf dem Gebiet Usbekistans sowie Kasachstans. Früher bot der viertgrößte Binnensee der Welt rund 60.000 Menschen Arbeit, ein Sechstel des sowjetischen Fischbedarfs kam aus dem Aralsee. Bis der Mensch einzugreifen begann und so für ein Lehrstück in Sachen Umweltzerstörung sorgte. Aus dem Gewässer, das früher eine Fläche in der Größe Bayerns umfasste, wurde eine traurige Steppe. An deren Rändern liegen heute die Überreste des Sees: Der Barsakelmessee sowie der kleinere nördliche und größere südliche Aralsee.
Die usbekische Fischproduktion wurde zu 80 bis 90 Prozent aus dem Aralsee gedeckt. In der Fischfabrik von Moʻynoq, früher am südlichen Ende des Sees gelegen, wurden jährlich rund zwölf Millionen Dosen Fisch hergestellt. Ab 1960 jedoch begann der See nach und nach auszutrocknen. Der Grund dafür war menschengemacht. In der Region wurde seit jeher Baumwolle angebaut. In den 50er-Jahren wollten die Sowjets die Produktion vervielfachen und zum größten Baumwollproduzenten der Welt werden. Um das Land bewirtschaften zu können, benötigte man entsprechende Mengen an Wasser. Dieses wurde aus den Flüssen Amudarja und Sydarja bezogen, die den Aralsee speisen.
In der Region fallen jährlich nur etwa zehn Zentimeter Regen, aus den Flüssen erreichte den Aralsee nur noch etwa ein Fünftel der früheren Menge. Der See begann allmählich zu verdunsten. Hinzu kam ein weiteres Problem: Bei der Baumwollproduktion wurden große Mengen an Pestiziden eingesetzt, die ins Grundwasser sickerten und so in den See gelangten. So nahm das Unheil seinen Lauf, das sich aus drei Hauptursachen zusammensetzte: Der Rückzug des Sees, die dadurch steigende Salzkonzentration und die Verseuchung des Fischbestands durch die auf den Baumwollfeldern eingesetzten Chemikalien. Der Wasserspiegel fiel von 1960 bis 1990 an manchen Stellen um bis zu 20 Meter. Die Salzkonzentration stieg von zehn auf bis zu 100 kg je Liter. Bis 1996 wurde das Wasser so salzig, dass nur noch Flundern darin überlebten. So kollabierte die Fischwirtschaft vollends. Berühmt sind die Bilder der vor sich hin rostenden Fischerboote, die mitten in der Steppe herumliegen.
Seit rund 20 Jahren gibt es aber Bemühungen, den See zu revitalisieren. Im Jahr 2005 wurde der sogenannte Kokaral-Damm fertiggestellt. Dieser soll verhindern, dass das wenige Wasser, welches sich in den See ergießt, sogleich wieder abfließt. Die Maßnahme zeigte Erfolg, der Wasserspiegel steigt seither wieder langsam an. Auch der Salzgehalt regulierte sich, sodass die Fische zurückkehrten. Das Leben der Leute hat sich dadurch deutlich verbessert. Der Kleine Aralsee ist heute in 18 Segmente aufgeteilt, für die Konzessionen vergeben werden. 2.000 Männer arbeiten wieder als Fischer. Die kasachische Regierung hofft, zumindest den nördlichen Aralsee wieder vollends herstellen zu können.
© Rene_Stresemann 2022-02-04