Auch im Regen kann man Tanzen

Amelie Lea Beck

von Amelie Lea Beck

Story
Schweden

Der erste Wolkenbruch meiner Reise ereignet sich am ersten Tag der dritten Reisewoche. Bereits seit einer Woche Reise ich mit Arnis, es ist ein Traum. Jeden Tag fällt ihm etwas Neues ein, dass wir tun könnten. Doch heute wird aus unserem Abenteuer, ein normaler Campingausflug. Schließlich verhindert der Regen, das schwimmen im Meer oder Fjord und auch Wandern macht bei diesem Wetter wenig Spaß. Wir sind inzwischen an der Grenze zu Finnland. Doch unser Grenzübergang ist erst für morgen geplant. Der Campingplatz liegt direkt an einem Wasserfall. In den letzten Tagen haben wir viel Zeit mir Wanderungen verbracht. Es ist fast Mittag, dennoch liege ich noch immer im Bett. Ein Klopfen an der Tür meines Vans reißt mich aus meinen Gedanken. Ich quäle mich aus den Lacken, öffne die Tür. Arnis steht davor. Sein braunes Haar fällt ihm strähnig ins Gesicht. Wasser tropft über seine Wimpern in seine grünen Augen. Sein Anblick macht mich sprachlos. Erst als er meinen Namen sagt, fällt meine Starre von mir ab und ich lasse ihn in den Wagen. Er zieht die Tür hinter sich zu. „Es regnet.“, stellt er das Offensichtliche fest. Ich reiche ihm wortlos ein Handtuch. Er rubbelt seine Haare trocken. Ich grinse ihn an. Mir wird siedendheiß bewusst, dass ich noch immer mein Schlafshirt trage. Ich wickle mich in die Decke. Ein heißes Brennen steigt in meine Wangen. „Hast du Hunger?“, frage ich, um die Stille zu überbrücken. Er grinst, offenbart seine perfekten weißen Zähne. Ein Bild taucht vor meinem inneren Auge auf. Seine Lippen auf meinen. Die Hitze in meinen Wangen verstärkt sich. „Wir können doch auch hier kochen oder?“ Ich nicke, aus einem Schrank hole ich eine elektrische Herdplatte. Ich öffne das Kippfenster über meinem Waschbecken. In einem Topf kochen wir zuerst Spagetti, später mischen wir Milch und Tomatenmark dazu. Das gemeinsame Kochen macht viel Spaß. Wir essen auch zusammen. Nach dem Essen dränge ich mich in die Fahrerkabine, ziehe den Vorhang zu, um mir ein Sommerkleid anzuziehen. Sobald ich wieder in den Wohnraum klettere erkenne ich an seinem Blick, dass ihm mein Aufzug gefällt. Das Kleid hat ein Blumenmuster, einen Cutout am Bauch und ist eigentlich viel zu kurz um ohne Leggins getragen zu werden. Wir legen uns auf das Bett. Erzählen einander von unserem Leben außerhalb dieser Reise. Wir verlieren uns gemeinsam in den Träumen des jeweils anderen. Der Gedanke einer Zukunft mit diesem Mann gefällt mir. Mein Herz rast, wenn ich in seiner Nähe bin. Irgendwann halte ich es nicht mehr aus, in diesem kleinen Wagen eingesperrt zu sein. Ich klettere aus dem Bett, zur Tür hinaus, barfuß in den Regen. Ein glockenhelles Lachen verlässt meine Kehle, während ich mich immer schneller um meine eigene Achse drehe. „Komm!“, schreie ich ihm entgegen. Er schüttelt lachend den Kopf, stellt Musik über meinen Bluetoothlautsprecher ein und kommt mir nach. Er ergreift meine Hände. Beim Tanzen im Regen werden wir eins. Die Musik bringt uns einander näher. Wir lachen ausgelassen. Mir wird bewusst, dass dieser Mann mir ähnlicher ist als jeder andere den ich kenne. Bereits nach wenigen Minuten sind wir komplett nass geregnet.

© Amelie Lea Beck 2023-07-16

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional, Inspirierend, Unbeschwert
Hashtags