von Andreas Trimmel
Ein Deja Vu: Wieder Sonntag, wieder 6 Uhr, wieder wach – ich schaff’ das auch ganz alleine, ohne vom Amtsleiter bestellte Kirchenglocken.
Mein Handy verspricht mir zwar wolkenverhangenen Himmel statt strahlenden Sonnenschein, dafür aber Trockenheit bis in den Nachmittag hinein. Bei angenehmen Temperaturen. Ideales Wander- und Sport-Wetter also.
Ich bring’ die 10 nach Mödling. Zum Badminton-Training. Diesmal rief nicht der bulgarische Vladi sondern die mödling’sche Bianca.
Ich nutz’ die Gelegenheit gleich für eine MTB-Tour. Der Anninger. Im Naturpark Föhrenberge. Der hat’s mir angetan. Den bestürme ich. Wie ein Hurrican brech‘ ich über ihn herein.
Nach einigen hundert Metern schwächt der Sturm sich ab, wird zum normalen Wind. Dann zum zarten Lüfterl. Fast schon Flaute.
Schwül ist’s zwischen den Föhren. Aber lässig zu fahren. Breite Schotterstraße, passende Neigungen, funktionierende Begegnungszonen – mit Wanderern und anderen Bikern werden nette, wenn auch bisweilen schnappatmende Worte gewechselt.
In der Ferne brummt es. Nein, keines der zahlreichen E-Bikes. Die Gewitterfront. Die hält sich nicht an die Vorgaben meines Handys und kommt früher als bestellt.
Mir fällt ein Song von STS ein. Samt den aktuellen Gegebenheiten angepasstem Text.
„Und es wird schwoarz und imma schwärza,
es hot obgekühlt, ma merkt‘s a.
Owa des wül i net, und des deaf a net sein.
Nua kan Regen, echt jetzt, mir is‘ glei zum speim.
Sonne, Woiken – ollas, nur net frian.
Doch den Regen werd‘ i bis in die Zech‘nspitz‘n g‘spian.“
Der Regen erwischt mich mitten in der Auffahrt. Und als ich oben bin, mich im Anninger-Schutzhaus unterstellen will – endet er. Und die Sonne grinst mich provokant an.
Ich fahr‘ also weiter, bieg‘ auf eine andere geschotterte Forststraße ab. Kurz darauf verengt sich die Straße zu einem Weg. Aus Schotter wird fester Erdboden. Aus dem Weg wird ein schmaler Pfad, der sich bald nach unten neigt – nicht nur in der Längs- sondern auch in der Querrichtung. Aus festem Erdboden wird teilweise loser Untergrund mit Steinen, Wurzeln und nasser Erde. Ein Trail.
Bist Du schon mal mit dem Rad über nasse Steine gefahren? Über nasse Wurzeln? Durch sehr feuchte Erde – vulgo „Gatsch“? Und das alles steil bergab?
Bei Trockenheit ist so ein Bergab-Trail eine lässige Sache, der macht richtig Spaß. Doch bei Nässe? Rutschen & driften ohne Ende. Ein geiles Gefühl, wenn beide Räder gleichzeitig seitlich wegrutschen.
Zwischenzeitlich vergeht mir der Spaß, da ist’s sogar mir zu steil. Auch wenn die Gelegenheit für Salti und Radschläge ideal wäre – da steig‘ ich ab. Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt. Und wenn‘s sein muss, auch bergab. Einen “auf harten Hund“ zu machen brauch‘ ich nicht.
100 vertikale Meter später schwing‘ ich mich wieder auf den Gaul. Und stürme weiter. Bei Sonnenschein.
Als ich die 10 dann abhole, blickt der mich entgeistert an. „Papa, wie siehst DU denn aus?!“
Ich beschließe, erst zu duschen. Und erst danach in den Spiegel zu schauen.
© Andreas Trimmel 2020-09-02