Nördlich des Polarkreises beginnt das Gebiet der Samen. Die Samen („Sumpfmenschen“) sind ein indigenes Volk im Norden Fennoskandinaviens. Ihr Siedlungsgebiet, Sápmi, erstreckt sich von der Gemeinde Idre in der Provinz Dalarnas län über Nordschweden, Norwegen und Finnland bis an die Küsten der Barentssee und des Weißen Meeres. Sie sind als Urvolk anerkannt – auch in Russland gehören sie zur Gruppe der kleinen indigenen Völker. Nach heutigen Erkenntnissen kamen die Samen um 1600 v. Chr. nach Finnland. Davor lebten hier seit der Eiszeit (10.000-5.000 v. Chr.) unbekannte Völker, die inzwischen mit ihren Sprachen „verschwunden“ sind.
Viele Namen, auch die der großen Seen, stammen von ihnen, und niemand kennt heute mehr ihre wahre Bedeutung. Man kennt mindestens zehn verschiedene samische Sprachen in Finnland, Norwegen, Schweden und Russland, die von wenigen, manchmal nur 100 Menschen gesprochen werden. Sie gehören zur Familie der uralischen Sprachen. Heute werden Kinder wieder dazu angehalten, bei Behörden samisch zu sprechen.
Über die Herkunft der Samen ist wenig bekannt. Waren es Eurasier oder samojedische Völker aus Asien oder gab es “Gendriften”? Sie alle waren Jäger, Sammler und Fischer und begannen zwischen 1.600 und 900 v. Chr. Rentiere zu domestizieren. Tacitus nannte sie “Fenni” und Prokopios “Skrithfinoi”, was sich auf Skier bezog.
Im 16. Jahrhundert gab es Bauern-Samen in Süd-Norwegen, See-Samen und Berg-Samen in den Bergen und in der Finnmarksvidda.
Schon früh erhoben die Wikinger und später auch die Regierungen, Steuern und schickten Siedler zur Kolonisation in ihr Gebiet. Wie viele indigene Völker wurden auch sie verfolgt: Die Siedler nahmen ihnen ihr Land, versklavten sie und zwangen sie zur Arbeit in Bergwerken. Sie galten als primitives Volk von Magiern mit niederer Moral.
Erst Carl von Linné erkannte auf seiner Lapplandreise 1732 in ihnen ein Naturvolk, das Opfer der Zivilisation geworden war. Die öffentliche Meinung änderte sich nun, aber die Kirchen zerstörten weiterhin ihre Kultstätten.
Mit der Darwinschen Evolutionstheorie wurden sie wieder zu den unterentwickelten Völkern gezählt.
Ihre ursprüngliche Religion war der Schamanismus. Die Samen sehen in allen Naturerscheinungen eine Seele. Sie suchen den Kontakt mit der Geisterwelt. Typisch sind bemalte Trommeln, die in ihrem Glauben die ganze Welt symbolisieren.
Die traditionelle Kleidung besteht aus Lederschuhen mit hochgezogener Spitze, bunten Schuhbändern, Lederhosen, einem kittelähnlichen Oberteil (Kolt), Brustschmuck und einer Mütze. Die Farben entsprechen der Natur: Blau symbolisiert den Himmel, Gelb die Sonne, Rot das Feuer und Grün die Erde. Diese Farben finden sich auch in der Flagge Sápmis wieder. Joik ist ihr Gesangsstil, eine Mischung aus Jodeln und indianischem Gesang.
In Inari haben die Samen ein eigenes Parlamentsgebäude und das Siida-Museum, berühmt für seine Darstellung der samischen Kultur.
© Heinz-Dieter Brandt 2022-08-25