von Ulrike Sammer
Ich war unterwegs zu meinem Chor, war aber noch etwas zu früh dran. Ich ging die Alserbachstraße entlang, vorbei am Franz-Josefs-Bahnhof bis ich zum prächtigen, barocken Palais Liechtenstein kam. Das Wetter war ungewöhnlich schön. Die milde Herbstsonne schien vom tiefblauen, wolkenlosen Himmel. Ich überlegte ob ich mir in einem der vielen kleinen Lokale einen Kaffee vergönnen sollte, entschied mich aber für einen kleinen Spaziergang im Park des Palais Liechtenstein. Ich landete in einer Oase der Ruhe, in einem Zauberland inmitten des eleganten 9. Bezirks. Der als „Alsergrund“ benannte Innenbezirk von Wien ist ein teures Pflaster.
1687 erwarb Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein einen Garten mit benachbarten Wiesen. Im südlichen Teil des Grundstücks ließ der Fürst ein Palais errichten. Das Gartenpalais Liechtenstein ist ein barockes Palais an der Fürstengasse im 9. Wiener Gemeindebezirk. Seit Anfang 2012 steht das Gartenpalais Liechtenstein als Ort für Veranstaltungen zur Verfügung. Ein Teil der privaten Kunstsammlung des Fürsten von und zu Liechtenstein befindet sich nach wie vor in den Galerieräumen des Palais. Das Deckengemälde im Großen Festsaal, dem Herkulessaal, ist besonders prunkvoll. Viele Male hörte ich Konzerte in diesem Saal und hatte genügend Zeit, die Fresken zu studieren.
Zwischen dem Hauptgebäude und dem Gartenpalais wurde ein wunderbarer Garten im Sinn eines klassischen Barockgartens angelegt. Die Vasen und Statuen wurden nach Plänen von Giuseppe Mazza vom ortsansässigen Giovanni Giuliani ausgeführt. Um 1820 wurde der Garten nach Plänen von Joseph Kornhäusel im klassizistischen Sinn umgestaltet. In der Fürstengasse befand sich gegenüber dem Palais die 1700 erbaute Orangerie. Das [US1] nordseitig des Parks gelegene Garten-Belvedere wurde 1875 von Heinrich Ferstel für die Fürstenwitwe errichtet.
Der Park ist eine Insel der Beschaulichkeit. Sein Baumbestand ist sehr alt. Die ältesten Platanen der Stadt sollen hier stehen. Ich saß bei meiner kleinen Pause zwischen den Baumriesen, nahe eines kleinen Teiches und beobachtete Frauen, die von Zeit zu Zeit einen riesigen Baum besuchten. Meist kamen sie zu zweit und berührten den Stamm. Zum Umfangen war er zu dick, dafür wären mindestens fünf Personen nötig. Die Frauen ließen die Umgebung ruhig auf sich wirken, sprachen kaum und gingen dann leise wieder weiter. Sie waren sichtlich bei sich, gefasst und beruhigt. Ich war erstaunt und irgendwie berührt.
Nächsten Tag las ich in der Zeitung, dass in diesen Tagen eine große Esoterik-Veranstaltung stattfand. Vermutlich haben die Parkbesucherinnen von der besonderen und heilkräftigen Ausstrahlung dieses alten Baumes erfahren
© Ulrike Sammer 2024-04-16