Ich war über ein Jahr mit meinem damaligen Freund zusammen, doch unsere Vorstellung von Urlaub klaffte meilenweit auseinander. Er wollte ein teures Hotel, täglich bis 10 Uhr schlafen, jedes Essensangebot von Frühstück bis Abendessen voll auskosten und in der Zeit dazwischen am Strand liegen und faulenzen. Meine Idee von Urlaub war, in einer kleinen familiären Unterkunft zu nächtigen, viel vom Land anschauen und spontan in regionale Lokale einzukehren. Zum Baden oder Sonnen reichte mir ein halber Tag vollkommen aus.
Ein Kompromiss war nicht zu finden und so entschloss ich allein zu reisen. Nachdem ich noch nie in der Toskana gewesen war, entschied ich dies im Mai 2018 zu ändern.
Mit dem Nachtzug kam ich in Florenz an, wo ich meinen Leihwagen entgegennahm. Zuerst ging es nach Castellina in Chianti, wo ich in einer wunderschönen alten Villa untergebracht war. Der erste Ausflug führte mich ins benachbarte Casole d’Elsa, wo ich ganz begeistert durch enge Gassen marschierte und fleißig fotografierte.
Am nächsten Tag stand Siena am Programm, wo ich, um den Touristenströmen zu entgehen, bereits früh am Morgen dort war. So konnte ich den Charme der bezaubernden Stadt voll genießen und zusätzlich schlenderte ich noch abseits der Hauptattraktionen herum, bevor ich weiter nach Certaldo fuhr.
Den darauffolgenden Tag ging es in die schöne Stadt Arezzo, das als Schauplatz für Roberto Benignis Oskar gekröntes Meisterwerk „Das Leben ist schön“ diente. Ich war schon am Rückweg zum Auto, als mich eine Dame auf Französisch ansprach. Nachdem ich seit meiner Matura kein Wort mehr gesprochen hatte, schwenkte ich nach ein paar misslungenen Versuchen auf Englisch um. Doch nachdem sie eine Amerikanerin war, fiel es mir deutlich einfacher. Die 2 Pärchen waren ebenso wie ich sehr an Kultur interessiert. Nach einem kurzen Pläuschchen verabschiedeten wir uns wieder.
Den Nachmittag verbrachte ich bei 12°C in dem mystischen Kloster Santuario Francescano in Chiusi della Verna, welches mich komplett in den Bann gezogen hatte. Doch die plötzliche Abkühlung ließ mich schon früh den Heimweg antreten. Ich kehrte auf halber Strecke in ein Restaurant ein und wer nahm kurze Zeit später am Nebentisch Platz – die 4 Amerikaner. „Hey Sylvia“, begrüßten sie mich herzlich und luden mich nach dem Essen zu einer Weinverkostung ein. Wir nippten an vier verschiedenen Sorten Rotwein und blödelten herum, dass wir mit ein paar Gläsern mehr wie Italiener Auto fahren könnten.
Die kommenden Tage stand San Gimignano, die Schlucht von Loro Cuiffenna, die Medici Festung in Volterra, die Hängebrücke in San Marcello Pistoiese und der unglaubliche Kreuzgang in Torri am Programm, um nur einige zu nennen.
Als Alleinreisende kam ich immer wieder mit jemanden nett ins Gespräch. Mein Freund war zeitgleich in Spanien und hatte auch teilweise eine Kaltfront. Doch wenn man nur zum Baden wo hinfährt, dann kann einem das Wetter eben einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen.
© Sylvia Eugenie Huber 2021-01-30