Berlin, ick liebe dir…

Bernd Schreiber

von Bernd Schreiber

Story

Berlin ick komm aus dir, Berlin ick häng an dir. Jut, dit klingt eher nach Bochum und Grönemeyer, aber stimmen tut’s. Jetze die Spreeversion:

Berlin, ick liebe dir, ick liebe dich.

Wie’t richtig is, det weess ick nich.

Und is mich ooch Pomade.

Ick lieb dir nich im dritten Fall.

Ick lieb dir nich im vierten Fall.

Ick liebe dir auf jeden Fall!

Auch wenn wir den Gebrauch von mir und mich sehr flexibel im Akkudativ verschmelzen lassen, es gilt: „Mir und mich kannste verwechseln, aber nich mein und dein!“

Bei den Lautverschiebungen haben wir eine ausgelassen oder eine extra gemacht, jedenfalls g jibt’s nich, wird zu j (oder sch): Janz jenau, meen jrüner Jolf tut ne eijene Jarasche haben.

So’n Dialekt mag man oder nicht, kannste nüscht jejen machen, aber es traf ja auch andere Regionen, wie z.B. die Franken mit der Verschiebung vom t zum d. Dort sind auch tragische Einzelfälle bekannt, wie unser Leidwolf. Vom Indogermanischen her über die deutsche Sprache verschob sich’s bei ihm direkt ins Loddarsche: Matthäus, Sky Sport 1, Vers 1: „Dolle Dore waren das. Doddenham war in Punkdo Dempo und Dechnik besser wie die Duriner.“

Jut, zurück zu uns und zum Charakter, is ja wichtiger als Sprache. Manche denken, wir hätten ne große Schnauze. Jut, Kodderschnauzen sind wa, aber wir mein’s nicht so, wir verbergen hinter der rauen harten Schale – zugegeben auch erfolgreich – unseren herzlich freundlichen Kern. So Anjeber möjen wa janich: „Keene Haare uffn Kopp, aber nen Kamm inne Tasche!“ Wir mögen’s erdnah, keiner soll besondere Fisimatenten machen, keine extravaganten Flausen im Kopp haben. Ich kann es nicht so gut beschreiben wie Meyers Konversationslexikon von 1885: „das nil admirari (nichts anstaunen) findet unter den Berlinern zahlreiche Vertreter“. Das höchste Lob in Berlin: „Da kannste nich meckern“ oder „Is einwandfrei“. Charme, Komplimente und ein bisschen Verbrämung von Dingen sind nicht so unsere Sache. Es gilt – auch ohne Rücksicht auf Verluste – möglichst treffend zu charkterisieren. Inne Pinte zum Wirt: Deine Buletten schmecken ja wie einjeschlafne Füße. Oder ein ungern gesehener Gast: Also heut hätt ick jern mal wat, wat ick noch nie hatte. Sagt der Wirt: Da würd ick dir Hirn empfehln. Und als Beilage würde er eher Brechbohnen als Prinzessböhnchen servieren. Oder et jäbe Blutwurscht uffe Karte, die heißt „Vakehrsunfall“. Nicht schön, aber phantasievoll direkt und „tote Oma“ ist auch nicht viel besser.

Wir finden dit aba ooch nich scheen, wenn wir als Piefkes bezeichnet werden. Und wenn andere von Berlinern sprechen, dann meinen sie gar nicht uns, sondern ein mit Marmelade, Mus oder Mostrich gefülltes Schmalzgebäck, das natürlich Pfannkuchen heißen muss. Manno!

Ejal, wir wissen nicht genau, wo Wiesbaden oder Wanne-Eickel liegt, meinen aber, der Nabel der Welt zu sein. Komm se rin, könn‘ se rauskieken. Und wenn se uns nicht möjen:

„Icke, dette, kieke mal, Oogn, Fleesch und Beene, wenn se mir nich lieben tun, lieb ick mir alleene.“

© Bernd Schreiber 2022-03-31

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