Beziehungsunfähig

Sylvia Zemlyak-Böhm

von Sylvia Zemlyak-Böhm

Story

Was sind Werte? Was bedeutet Wertschätzung? Welchen Stellenwert hat Selbstliebe? Wieso muss man an einer Beziehung arbeiten? In unserer Fantasie küssen wir einen Frosch, der sich prompt in einen Prinzen verwandeln soll. Wir suchen keinen Partner oder Partnerin, sondern einen Helden oder eine Prinzessin. Realistisch betrachtet wünschen wir uns einen Weggefährten oder Gefährtin, die uns spiegeln, nur wie soll das funktionieren, wenn wir das eigene Spiegelbild nicht sehen wollen. Jemand der uns liebt so wie wir sind, dabei empfinden wir keine Selbstliebe. Eigentlich wollen wir keine Beziehung, denn das würde bedeuten wir müssen uns anpassen und ungemütliche Kompromisse eingehen. Also suchen wir weiter in alle Richtungen, wir erfinden Ausreden, warum sich die Mission so schwierig gestaltet, sogar fast aussichtslos ist. Wir reden uns ein das es die perfekte Beziehung ist, die uns fehlt. Doch die bittere Wahrheit ist, wir stehen uns selbst kräftig im Weg. Die Möglichkeiten den oder die Richtige zu finden sind vielseitig und umfangreich, ob über Datingseiten oder Social Media, ein Seelenverwandter zum Bestellen wäre genial. Wie Gegenstände bei Amazon vorzugsweise über Prime ohne Versandgebühr mit Zustellung vor die Haustür. Wir wollen nicht suchen, sondern gefunden werden. Wir verwenden mehr Zeit, um das perfekte Profil in den verschiedensten Accounts zu erstellen, als auf Selbstreflektion und Entwicklung. Das Ziel ist es so viel positive Likes und Kommentare zu erhalten wie möglich. Je mehr Zuspruch wir finden, umso besser fühlen wir uns. Wir verstecken uns hinter Filtern, die Fotos, die wir posten sind so unecht wie die Beschreibung unserer Persönlichkeit. Gibt es die eigentlich oder sind wir nur leere Hüllen? Wir Botoxen und Fillern, wir operieren und kaschieren nur um zu gefallen, übersehen aber dabei, dass wir irgendwie alle gleich aussehen. Wir texten und posten mit KI und wundern uns das die Geschichten zwar perfekt sind aber ohne Herz. Altern ist tabu, gibt es nicht wird ausgeblendet. Wir wollen alle schön, jung und erfolgreich sein. Wie sollen wir die echte große Liebe finden, wenn wir selbst nicht echt sind? Wir wollen die Illusion in einer realen Beziehung zu sein, ohne eine zu haben. Am besten den ganzen Lottogewinn ohne vorheriger Investition. Wir möchten uns verbunden fühlen, ohne die Freiheit aufgeben zu müssen, wenn uns dann doch einmal jemand zu nahekommt, rennen wir weg aus Angst wieder einmal verletzt zu werden. Wir wünschen uns einfach das Glück downloaden zu können wie eine App. „Ich liebe dich“ mit all deinen Fehlern, aber bitte zeige sie mir nicht, den ich weiß, nicht wie ich damit umgehen soll. Wir sind mit Disney Filmen aufgewachsen, wo uns die große wahre Liebe vorgezeigt wird, ohne Kompromisse also glauben wir auch alle ein Anrecht darauf zu haben. Quasi ein Geburtsrecht. Gebraucht zu werden wäre schön aber ohne Risiko. Wir wollen erobert werden, nur um dann zu dem Schluss zu kommen, dass wir ihn oder sie jetzt nicht mehr wollen. Ich will nicht behaupten, dass die Generationen vor uns glücklicher war aber sie haben es wenigstens versucht. Glück und Liebe mit dem ausgewählten Gegenüber muss nicht perfekt sein aber echt. Bewegen wir uns aus unserer selbsternannten Komfortzone. Ja es kann manchmal ungemütlich, schmerzhaft, hässlich und traurig sein aber auch schön, liebevoll, herzlich, ehrlich und vielleicht gibt es auch ein Happy End.

© Sylvia Zemlyak-Böhm 2024-03-18

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Emotional, Komisch
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