Bis vor wenigen Tagen war ich der Meinung, authentisch zu sein. Doch dann bekam ich das Buch von Erich Schilling â AuthentizitĂ€t â Karriere einer Sehnsucht â in die HĂ€nde und begann zu lesen. Alles stellte sich auf den Kopf. Ich wusste bisher nicht, wie schwierig es ist, authentisch zu sein, es gibt zum Beispiel eine subjektive, eine intersubjektive AuthentizitĂ€t, AuthentizitĂ€t als KonstruktâŠâŠâŠ.usw So .Ich beschĂ€ftigte mich dann mit der Frage : âWie wird man, was man ist ? â So lautet ein Kapitel. Schilling beginnt mit Nietzsche. Da resignierte ich und beschloss, mich auf mich selbst und meine Darstellung von AuthentizitĂ€t zu besinnen, bevor ich – wie Nietzsche – mit der Frage nach Wahrheit und Subjekt in den Wahnsinn getrieben wĂŒrde. So machte ich es mir einfach. Ich entschied fĂŒr mich , sowohl Trump wie auch Putin wĂ€ren völlig authentisch. Vor einiger Zeit hatte ich versucht, die Sprache von Trump zu zergliedern – es gab keine Gliederung! Die Wörter – immer dieselben -sein Wortschatz beschrĂ€nkte sich auf 20 bis 30 Wörter!!! Das heiĂt, sein Denken entspricht seinen Nachrichten – siehe Twitter – der logische Schluss: Trump ist authentisch. So ging ich auch auf Putin zu: seine Denkweise, verhaftet im 19. Jahrhundert, vom KGB im 20. Jahrhundert geprĂ€gt, Russland muss wieder groĂ, imperial werden -am Krieg haben alle anderen schuld- nur er hat recht, entspricht seiner Persönlichkeit – er ist authentisch. Somit sind beide, meiner Meinung nach, Trump wie Putin, die gröĂte Gefahr fĂŒr freies Denken, Demokratie und Frieden.
Doch zurĂŒck zu mir, auch ich zweifle oft an mir. Einerseits versuche ich möglichst friedliebend zu sein, doch andererseits gibt es Situationen , wo ich ausraste. Eine Situation in der Schule: Mein Landesschulinspektor, wir verstanden uns gut, wollte eine junge Lehrerin besuchen (kontrollieren) -die Folge: sie war krank gemeldet! So besuchte er mich-unangemeldet- in meiner letzten Stunde vor der Notenkonferenz in meiner 7. Klasse. Unpassend! Unterricht gab es keinen, ich wollte meine Noten mit den SchĂŒlern in Ruhe besprechen, vielleicht fehlte noch eine HausĂŒbung usw. Ich reagierte auf diesen Besuch gereizt, die Folge war – die SchĂŒler auf mich, die Stunde lief schief. Wut packte mich , ich stĂŒrmte aus der Klasse und lieĂ meinen Inspektor mit den SchĂŒlern allein!
Nun kann man sich die Frage stellen: Warum beherrschte ich mich nicht ? Antwort: Ich weiĂ es nicht! Ăbrigens : Mein Inspektor entschuldigte sich bei mir. Friede war hergestellt! Wann bin ich nun authentisch? Wenn ich friedlich bin oder wĂŒtend? Wenn ich nicht verzeihen oder sogar bösartig sein kann? Ich glaube, die WidersprĂŒche auszuhalten, ist das Problem. So ĂŒberlasse ich meiner Umgebung, mir zu sagen, wer ich bin? Aber auch das kann hinterfragt werden, was mache ich, wenn ich mit meinen negativen Seiten konfrontiert werde ( ich kenne wahrscheinlich nicht alle). Ich weiĂ es nicht, da bin ich authentisch!!!
© Christa Mittermayer 2022-04-28