Brimor saß auf einem flachen Felsbrocken mitten in einer kleinen Grotte. Der Weg, den der Kobold ihn gezeigt hatte, führte hierher, doch der ominöse Kristall war weit und breit nicht zu sehen. Stattdessen glitzerten in den feuchten Wänden unzählige winzige Minerale, als hätte jemand einen Sternenhimmel in den Stein eingeschlossen.
Er schnaubte und zog die Knie an die Brust. »Was für ein Mist«, murmelte er. »Ein Rubin für einen Stein, der nicht mal da ist. Super gemacht, Brimor. Richtig schlau.«
Er griff in seine Tasche und holte ein kleines Tuch heraus, um sich die Hände abzuwischen. Der Schlamm auf dem Weg hierher hatte seine Hosen und Stiefel ruiniert. Sein Vater würde toben.
»Aber dieser Rubin …« Brimor erinnerte sich an den perfekt geschliffenen Edelstein, der im schwachen Licht der Höhle gefunkelt hatte. Ein Seufzen entkam ihm. »So etwas Wunderschönes kann doch nicht …« Er hielt inne. »… oder doch?«
Ein leises Rascheln ließ ihn aufschrecken. Er steckte das Tuch schnell weg und griff nach seiner Handaxt. Vorsichtig schaute er sich um. Nichts. Nur das Tropfen von Wasser und das leise Echo seines eigenen Herzschlags.
»Reiß dich zusammen, Brimor«, stöhnte er und rieb sich über das Gesicht. Aber die Worte des Kobolds hallten in seinem Kopf nach. »Was könnte schon schiefgehen?«
»Alles«, antwortete er sich selbst laut und stand auf. Seine Bewegungen waren unruhig, sein Blick suchte hektisch die Wände ab. »Wenn Vater davon erfährt, bin ich geliefert. Und was ist, wenn der Kobold …« Sein Satz brach ab, als ein Gedanke ihn durchzuckte.
Was, wenn dieser Kobold ihn angelogen hatte? Was, wenn der Rubin nicht echt war? Was, wenn der Stein, den er suchen sollte, in Wahrheit eine Falle war?
Brimor ballte die Fäuste und trat gegen einen losen Kiesel, der klackernd über den Boden sprang. »Ich bin so ein Idiot«, grummelte er. »Warum habe ich mich auf diesen Unsinn eingelassen? Abenteuer … pah! Ich hätte einfach die Edelsteine ausliefern sollen.«
Aber dann dachte er an das Glänzen in den Augen seines Vaters, wenn er den Rubin sehen würde. An das zufriedene Kopfnicken und vielleicht, nur vielleicht, ein kleines Lächeln. Brimor atmete tief durch und zwang sich, ruhig zu bleiben. Er wusste, dass er nicht zurückgehen konnte, ohne den Stein zu finden. Sein Stolz, seine Neugier und diese winzige Hoffnung auf Anerkennung ließen ihn weitermachen.
»Na gut«, sagte er laut, um das nervöse Schweigen zu brechen. »Egal, was dieser Kobold im Schilde führt – ich werde diesen Stein finden und ihm zeigen, dass ich kein Dummkopf bin.«
Mit entschlossenen Schritten machte er sich daran, die Grotte zu durchsuchen, obwohl eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf flüsterte: »Du weißt, dass das keine gute Idee ist, oder?«
© Kreative-Schreibwelt 2025-01-31