Christiane Lohner – Danke

P-Hildegardsen

von P-Hildegardsen

Story

Lieber Tom C. Sch. – diese Geschichte ist auch für Dich, denn unsere letzte Unterhaltung drehte sich um die vergessenen Leistungen österreichischer Ingenieurskunst. Wir haben darüber philosophiert, wie große Leistungen klein gemacht wurden. Und jetzt habe ich beim herbstlichen Herumkramen einige Erinnerungsstücke von einer Frau gefunden, die heuer 100 Jahre alt wäre. Und ich spüre große Freude, daß ich sie kennenlernen durfte, daß sie mich eine Zeitlang an ihrem abwechslungsreichen, spannenden Leben teilhaben ließ. Ich war nun sogar im Tierpark in Schönbrunn und habe die Tafeln gesucht, wo sie Patenschaften für Tiere übernommen hatte. Auch wenn ihr selbst Kinder versagt blieben – sie hatte sehr viel Liebe und Zuneigung für alle Lebewesen. Eine offene, freundliche Grundhaltung, lebensbejahend und freudig. Ganz ohne Psychologie.

Christiane wurde am Christi Himmelfahrtstag des Jahres 1919 geboren. Ihr Vater war der Medientechnikpionier und RAVAG/ORF-Mitbegründer Dr. Oskar Czeijka. Aufgrund der kultur- und medienpolitischen Stellung des Vaters erhielt Christiane die umfassende, klassische Erziehung einer „höheren“ Tochter. Sie hatte ein breitgefächertes Interesse an Fremdsprachen, Kunst und Kultur. Das Schicksal des Jahres 1938 schlug auch in ihrer Familie zu. Wechselhafte Jahre folgten – Christiane ließ sich nicht unterkriegen.

Von Jugend an war sie begeistert in den verschiedensten Sportarten zu Wasser und zu Land unterwegs. Den Führerschein für Automobil und Motorrad machte sie bereits vor der Matura. Ich lernte Christiane erst viel später in den 70er Jahren kennen. Doch auch da versprühte sie immer noch reichlich Elan, Ausdauer und Begeisterung. Sie konnte bestimmend sein, mitreißend und hatte spürbar viel Empathie für Menschen und Tiere.

1943 heiratete sie Willy, den jüngsten Sohn aus der Industriellenfamilie Lohner. Von ihr gibt es in einschlägigen Dokumentationen noch Fotos; eine hübsche junge Frau, immer in Bewegung. Tanzend, reitend, fahrend. Eine der letzten Dokumentatione dazu stammt aus dem Jahr 1994, als sie mit 75 Jahren noch zu einer Bergwertungsfahrt auf einem „Lohner Kamel“ (Roller L 98) startete.

Und mitten in diesen wehmütigen Erinnerungen an frühere Zeiten finde ich nun auch ein ganz aktuelles Angebot – es soll wieder einen Lohner-Roller geben, mit Elektroantrieb diesmal. Zwar weiß ich nun nicht, ob das stimmt – aber mich bewegt viel mehr die Erinnerung und die Erkenntnis, daß es Menschen schafften, trotz schwerer Kriegszeiten positiv und freudig zu sein, zu bleiben. Da müßten wir es in der heutigen Zeit doch auch schaffen?! Gut, daß ich in den alten Kisten herumgekramt habe – somit kam auch ein Stück Mut für mich selbst heraus. Danke Christiane!

© P-Hildegardsen 2019-10-06

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