Code Noir: Mord im Netz der KI (Teil 16)

»Verstehen Sie, Ermittler«, fuhr er fort, als wäre nichts geschehen. »Diese Stadt … ist ein lebendiges Netzwerk. Jeder Mensch, jedes Gerät, jedes System – alles ist miteinander verbunden. Und ich steuere all das. Mit nur einem Fingerstreich könnte ich Ihr gesamtes Dasein auslöschen.«

Er hielt einen eleganten, dünnen Stift in die Luft – wie ein Dirigent vor einem unsichtbaren Orchester. »Ein Wischen und … weg sind Sie.«

»Wischen und weg?«, meldete sich Kai sofort wieder. »Wow, das ist fast so, als hätte er den Eraser-Modus in Photoshop gefunden. Ein echter Technik-Guru.«

»Könntest du mich vielleicht einfach sterben lassen?«, flüsterte ich.

»Keine Chance. Zu viel Spaß.«

Reed schien die Stille zu genießen, als er auf die Stadt hinabblickte. »Es geht nicht mehr um Geld, Ermittler. Nicht um Macht im herkömmlichen Sinne. Es geht um Informationen. Kontrolle über das, was wir wissen, was wir nicht wissen, was wir manipulieren können. Das ist die wahre Macht.«

»Also sind Menschen nur noch Datenpakete für Sie? Kleine Bits und Bytes, die Sie nach Belieben neu anordnen können?« Ich hob eine Augenbraue. »Klingt ziemlich krank.«

»Vielleicht.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber das ist die Zukunft. Keine Geheimnisse mehr. Nur Informationen, die darauf warten, genutzt zu werden. Sie sind gekommen, weil Sie glauben, ich hätte etwas mit diesen Vorfällen zu tun. Aber was, wenn ich Ihnen sage, dass das, was Sie als Mord bezeichnen, nichts weiter als ein kleiner, unglücklicher Fehler im System war?«

Ich stand auf und trat näher an ihn heran, bis ich fast das Glas hinter ihm berührte. »Ein ‚Fehler‘? Ein manipuliertes System tötet jemanden, und das nennen Sie einen Fehler?«

»Fehler passieren, Ermittler«, sagte er, ohne sich von meinem Vorwurf aus der Ruhe bringen zu lassen. »Jedes Netzwerk hat Schwachstellen. Bugs, Glitches.«

»Ach ja? Bugs und Gliches?«, schnaubte ich. Jegliche Angst war wie weggeblasen. »Sie spielen ein gefährliches Spiel, und ich werde herausfinden, was wirklich dahintersteckt.«

Er drehte sich um, sein Blick war kühl und berechnend. »Das hoffe ich doch. Denn das macht das Spiel erst wirklich spannend.«

Für einen Moment herrschte Stille. Ich suchte nach einer Lücke in seiner perfekt gesponnenen Fassade, doch da war nichts. Schließlich wandte ich mich zur Tür. »Beim nächsten Mal werden Sie mich nicht so leicht los.«

»Das hoffe ich doch«, erwiderte er, während ich hinausging. »Bis bald, Ermittler.«

Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel und der sterile, weiße Flur mich umhüllte, atmete ich tief durch.

«Das war … creepy», meldete sich Kai.