Es gab Orte, die rochen nach Ärger. Und dann gab es Orte wie diesen, wo der Ärger dich förmlich ansprang und dir ins Gesicht schrie, dass du dich besser umdrehen und rennen solltest, bevor du zu Staub zerfällst. Hier war definitiv der zweite Fall – nur, dass ich nie auf jemanden hörte, der mir sagte, ich solle weglaufen.
Die Straßenlaternen warfen ein schwaches, flackerndes Licht auf den rissigen Asphalt. Der Gestank von Rost und verrottetem Metall lag in der Luft. Verlassene Fabrikhallen ragten wie dunkle Monolithen in den Himmel, ihre gebrochenen Fenster gähnende Augen, die in die Seele blickten. Wenn es jemals einen Ort gab, an dem man jemanden verschwinden lassen könnte, dann hier.
»Das sieht nicht gut aus«, murmelte ich und zog meine Jacke enger um mich, obwohl sie schon längst durchnässt war. Das Wasser kroch unangenehm durch meine Stiefel und klatschte bei jedem Schritt auf den Boden. Ich wusste, dass dies der perfekte Ort für einen Hinterhalt war, und doch war es mein Job, genau an solchen Orten zu sein.
Kai, der sonst keine Gelegenheit für einen sarkastischen Kommentar ausließ, war still. Verdächtig still.
»Nichts zu sagen?«, fragte ich, während ich die verlassenen Gebäude um mich herum beäugte. Ich hatte schon viele dumme Dinge getan, aber das hier? Das fühlte sich wie eine Ehrenmedaille der Dummheit an.
Kai brach schließlich das Schweigen: »Oh, ich könnte dir eine ganze Litanei an Beleidigungen servieren, aber wozu? Es würde nur bestätigen, dass du ein absoluter Idiot bist, der hierherkommt. Ehrlich, ich könnte dir auch eine Karte zeichnen, auf der groß ‚Sterben in fünf Schritten‘ steht.«
»Wieder einmal, so hilfreich wie immer.« Ich zwang ein trockenes Lächeln hervor, auch wenn die Anspannung in meinen Nerven tickte. »Was kannst du mir über diesen Ort sagen, abgesehen davon, dass es eine Einladung zum Tod ist?«
Kai machte eine dramatische Pause. »Nun, er wurde vor über zwei Jahrzehnten verlassen. Ein ehemaliges Zentrum der Schwerindustrie – Stahl, Maschinenbau, der ganze Kram. Jetzt gehört es einer Firma, die genauso pleite ist wie deine Laune. Was das praktisch bedeutet? Jeder, der sich hier rumtreibt, hat nichts Gutes im Sinn. Und, oh ja, Überraschung: Wir sind nicht allein.«
»Natürlich nicht.« Ich atmete tief ein, die Luft schwer von Feuchtigkeit und Rost, und blieb stehen. »Wo?«
»Mehrere Drohnensignaturen in der Nähe, aber ihre Reichweite ist minimal. Sie fliegen also nicht zum Spaß hier rum.« Kai klang plötzlich ernster. »Und, Moment … Ja, wir haben auch acht Männer, die sich in Formation nähern. Sie scheinen gut koordiniert zu sein, aber definitiv nicht hier, um dir Gesellschaft zu leisten.«
Ich fluchte leise und zwang mich, ruhig zu bleiben.
© Kreative-Schreibwelt 2025-01-22