Es war still. Zu still.
Ich trat durch die alte, massiv verrostete Stahltür, die sich unscheinbar in einem halb verfallenen Kellergang versteckte, und wurde von einer Wand aus abgestandener Luft empfangen. Es roch nach Metall und Staub, als ob die Zeit hier seit Jahren stillgestanden hätte. Jeder meiner Schritte hallte auf dem nackten Betonboden, und obwohl ich keine Spuren hinterließ, spürte ich das kribbelnde Knistern von Elektrizität in der Luft.
»Das ist also der Ort«, murmelte ich, während mein Blick durch den endlos wirkenden Raum glitt. Zahllose Reihen von Servern, die wie dunkle Wächter aneinander gereiht standen, breiteten sich vor mir aus. »Hier wird die Magie gemacht.«
»Magie? Wirklich?« Kai meldete sich aus meinem AR-Interface. Seine Stimme vibrierte fast vor Spott. »Hast du zu viele alte Sci-Fi-Filme gesehen, oder was? Das hier ist keine Magie. Wenn überhaupt, dann ist es technologische Hexerei. Der feine Unterschied: Bei Magie stirbst du vielleicht sofort, bei Hexerei dauert’s etwas länger.«
Ich schnaubte leise und ging weiter in den Raum hinein. Mit jedem Schritt zog sich der Knoten in meinem Magen enger zusammen. Es war nicht nur die Kälte oder der düstere, sterile Anblick der Server. Es war das Gefühl, dass dieser Ort … lebte. Als ob er mich ansah, mich abtastete. »Technologie, Hexerei … am Ende geht’s doch immer nur um Macht, oder?«
»Oh, klar. Wer hätte gedacht, dass du tiefgründige philosophische Einsichten hast.« Ich konnte die unterschwellige Anspannung in Kai’s Stimme nicht überhören. Auch er spürte es. Etwas stimmte hier nicht.
Ich hielt inne und ließ meinen Blick über die glänzenden schwarzen Oberflächen der Server gleiten. »Du spürst es auch, oder?«, fragte ich leise. »Etwas stimmt hier absolut nicht.«
Kai zögerte einen Moment. »Ja, ich bin auch kein Fan von Orten, die mich paranoid machen. Aber es ist mehr als das. Die Architektur dieses Systems … Es gibt Schichten. Versteckte Ebenen. Und das ist nicht das städtische Netzwerk. Das hier ist … etwas Eigenes. Etwas Großes.«
»Was meinst du mit ‚etwas Eigenes‘?« Meine Stirn legte sich in tiefe Falten. »Sprich Klartext.«
»Ein Art Nervensystem.« Kai klang nun ungewöhnlich ernst, seine Stimme gesenkt, als ob er flüsterte, obwohl nur ich ihn hören konnte. »Dieses System hat ein eigenes Bewusstsein, könnte man fast sagen. Und es ist tief mit der Stadt verflochten. Jemand hat es geschafft, ein Netzwerk zu erschaffen, das von den Straßenlichtern bis zu den Wohnungen der Oberschicht reicht. Es ist allgegenwärtig.«
»Und wer könnte sowas tun?« Ich stellte die Frage, obwohl ich die Antwort bereits ahnte.
© Kreative-Schreibwelt 2025-02-12