»Noch nicht oder hast du mich schon jubeln gehört?«, antwortete Kai patzig. »Aber es war jemand verdammt geschickt. Nicht nur wurden die Aufzeichnungen gelöscht, sondern auch die Sicherheitsprotokolle so manipuliert, dass alles normal aussieht. Wie ein Zaubertrick – alles, was du sehen sollst, ist die Illusion.«
»Jemand, der weiß, wie man Spuren verwischt.« Ich ging zum Fenster und sah hinaus. Der Regen peitschte gegen die Glasfassade, aber hier oben, in dieser künstlichen Höhe, schien er eher wie ein leises Rauschen im Hintergrund. Nichts in dieser Welt war echt – nicht der Regen, nicht die Menschen, die darunter umherliefen, nicht einmal die Technologie.
»Und die KI des Gebäudes? Was sagt die?«, fragte ich schließlich. Es war immer riskant, sich auf die Aussagen einer Haus-KI zu verlassen. Diese Systeme waren so programmiert, ihre Bewohner zu schützen, dass sie eher lügen würden, als zuzugeben, dass etwas schiefgelaufen war.
»Oh, die sagt, alles sei wunderbar«, spottete Kai. »Kein Einbruch, kein Problem, kein Mord. Fast, als hätte unser Freund dort beschlossen, einfach so zu sterben, um das Abendessen im Jenseits nicht zu verpassen.«
Ich trat näher an das Pult der wohnungseigenen KI-Schnittstelle heran. Ein gläserner Tisch, unscheinbar in der Ecke, aber dennoch das eigentliche »Gehirn« dieses Ortes.
»Wir müssen tiefer graben«, schaute ich nachdenklich auf die blinkenden Lichter. »Nichts wird so perfekt gelöscht, dass keine Spur bleibt. Es bleibt immer etwas übrig.«
»Muss ich dich jetzt wirklich daran erinnern, dass das gefährlich ist?«, fragte Kai mürrisch, während er sich bereits an die Arbeit machte. Ich konnte spüren, wie er sich mit der Schnittstelle verband. »Sobald wir anfangen, tiefer zu graben, könnten wir das gesamte Sicherheitssystem auslösen. Und dann möchte ich nicht hier sein.«
»Mach’s trotzdem«, erwiderte ich leise und setzte mich auf die weiße Ledercouch, die absurderweise perfekt in diesen sterilen Raum passte. »Was haben wir schon zu verlieren?«
»Na ja, außer vielleicht ein paar von deinen kostbaren Gehirnzellen?« Kai machte eine kurze Pause, während er die Daten durchwühlte. »Okay, ich bin drin. Die Sicherheitsprotokolle wurden tatsächlich manipuliert. Jemand hat vor etwa drei Stunden auf das zentrale System zugegriffen.«
»Drei Stunden?« Ich spitzte die Ohren. »Also etwa eine Stunde vor dem Mord. Jemand hat das alles geplant, alles vorbereitet. Die Überwachung ausgeschaltet, den Mord durchgezogen und alles wieder so hingebogen, dass es aussieht, als wäre nichts passiert.«
»Nicht nur das.« Kai summte leise, während er die Daten weiterverarbeitete. »Jemand hat die Haus-KI gezwungen, einige unauffällige Befehle auszuführen.«
© Kreative-Schreibwelt 2024-10-30