Damals am FKK-Strand

Maria Büchler

von Maria Büchler

Story

Ob es immer noch so ist? In den Neunziger Jahren gab es sogar bei uns im Ländle noch einen FKK-Strand am Bodensee. Viele Österreicher, besonders die in den östlichen Bundesländern, verbrachten ihren Urlaub im nahen Kroatien, wo jeder nahtlos braun werden konnte und vermutlich immer noch kann.

Mich selbst hat es nie zu textilfreien Gefilden gezogen. In Luzern jedoch verfügte ich über einen Balkon, der mich vor neugierigen Blicken geschützt hat. Es war ein tolles Gefühl, der Sonne nichts vorenthalten zu müssen.

In Italien habe ich selten Urlaub gemacht, aber oft im Süden Frankreichs, da ich elf Jahre mit einem Romanisten zusammen war. In den Achtzigern waren die Strände am Mittelmeer auch noch nicht so überlaufen. An der Côte d’Azur war das Baden oben ohne durchaus üblich, und nur wenige Hautstellen blieben weiß.

Kurz nach Schulschluß bestückten wir den Wohnwagen und fuhren los, um das Feuerwerk nicht zu verpassen. Am 14. Juli ist der französische Nationalfeiertag, da wurde damals weit draußen vor der Küste ein feux d’artifice von einem Lastkahn abgefeuert. Allerdings konnte sich die eine oder andere Rakete bis ans Land verirren. Nicht selten wurden Zuschauer getroffen, auch auf den Balkonen.

Einmal stand eine Sprachreise in den Südwesten Frankreichs an, geleitet von meinem Partner Henri. Um den schönen Ausdruck zu gebrauchen: Wir rekognoszierten ein paar Besichtigungsziele, besuchten Bordeaux, Arcachon, Cognac, das Médoc. Vor der Heimreise stellten wir den Wohnwagen auf einem Campingplatz in Atlantiknähe ab, um noch ein wenig zu entspannen. Wir befanden uns im Département Landes, nahe der Grenze zu Spanien, am Golf von Biskaya.

Während Henri im Schatten des Vorzeltes blieb, zog es mich ans Meer. Anders als an der Côte d’Azur erstreckten sich die Sandflächen zwischen den kleinen Wäldern und dem Wasser herrlich weit. Alles war gepflegt, sauber, ruhig, nahezu ohne Badegäste. Keine Wasserjets düsten, keine Musik dudelte, nirgends gab es Gedränge. Die westlichen Strände waren weniger begehrt als die im Süden, doch um vieles angenehmer. Weit verstreut erhoben sich Sonnenschirme, behängt mit leicht wehender Kleidung, daneben einzelne Hüte auf den Köpfen ihrer Träger. Die Liegenden auf den Tüchern verschwanden in den flachen Mulden. Auf sie achtete ich nicht weiter.

Schnurstracks lief ich westwärts, rannte spritzend durch das seichte Wasser und warf mich in die Brandung. Nun ja, der Atlantik ist kühler und wilder als das Mittelmeer, aber es war herrlich, belebend und erfrischend. Als ich genug hatte, machte ich mich etwas langsamer auf den Rückweg.

Jetzt erst sah ich die übrigen Badegäste deutlicher und erkannte, dass ich mich mitten in einem FKK-Gelände befand. Mir machte das nichts aus. Doch hoffte ich, dass die Nudisten mir meinen Bikini nicht übel nahmen. Denn Badekleidung wird an einem Strand dieser Kategorie genauso ungern gesehen wie ein Nackedei im Schwimmbad.

Foto: Pedro Lastra / unsplash

© Maria Büchler 2022-08-01