So nannten die Araber Damaskus, eine der ältesten durchgehend besiedelten Städte. Die Legende besagt, dass Mohammed nie in diese Stadt ging, weil er das Paradies nur einmal betreten wolle.
Damaskus mit seinen engen Gassen und dunklen Basargängen, mit seinen Moscheen, Karawansereien, Palästen und den Überresten römischer Bauten, liegt inmitten einer weiten, fruchtbaren Ebene – dem Fluss el Barada gedankt.
Die Bibel erzählt von Paulus. Er gelangte bis in die Nähe von Damaskus, als er die Stimme vernahm: “Saul, Saul, warum verfolgst du mich?” Saulus fiel vom Pferd, bekehrte sich und war von nun an ein begeisterter Anhänger Christi. In Damaskus war er dann auch gefangen und Tag und Nacht bewacht. Da ließen ihn seine Jünger an einem Korb über die Mauer hinab und er konnte fliehen. Dieses Fenster über dem Stadttor kann man besichtigen. Die Verknüpfung von Islam und Christentum ist überhaupt interessant. Hinter der Omajaden-Moschee erhebt sich das Jesusminarett – Jesus Christus wird am Jüngsten Tag herabsteigen und von diesem Minarett aus die Welt richten.
Damaskus ist nach Mekka und Jerusalem die drittheiligste Stadt des Islam. Die Moschee aus dem Jahre 705 ist das älteste islamische Gotteshaus und von beeindruckender Größe und Schönheit. Die Geschichte reicht aber noch weiter zurück – aramäischer Hadad-Tempel, römischer Jupiter-Tempel, christliche Basilika und jetzt Denkmal des Omajadenkalifen Walid I. Mosaike und Fayencen – viel Lapislazuli – zieren Wände und Böden. Der Vorsaal ist in seiner Vielfalt ein beeindruckendes Erlebnis. Pilger aus allen arabischen Ländern – Frauen in schwarzer Burka und tief verschleiert queren eiligen Schrittes. Kinder jagen den Tauben nach. Ein Brunnen dient den religiösen Waschungen.
Im prächtigen Gebetssaal wird das Haupt Johannes des Täufers aufbewahrt, das von den Christen und Muslimen gleichermaßen verehrt wird. Die Atmosphäre ist mit unseren Kirchen nicht zu vergleichen. Es wird auf dem mit kostbaren Teppichen ausgelegten Boden kniend, liegend, sitzend gebetet, vorne die Männer, hinten die Frauen (wieder einmal, um die Männer nicht zu schlechten Gedanken zu verführen). Es wird aber auch gegessen, geredet, geschlafen und meditiert, Kinder laufen herum, und trotzdem ist die Atmosphäre eine besondere, eine heilige.
Im christlichen Viertel wohnen wir einer Palmsonntagsprozession bei. Mehr eine Parade mit unglaublichem Krawall, aber militärisch ernst – Uniformen, Trommeln und Trompeten. Die Gläubigen schauen von ihren Fenstern und Balkonen zu und klatschen. In der Via Recta, der Geraden Straße, reiht sich ein Handwerksladen an den anderen – die Türen offen. Meistens Ein-Mann-Betriebe: Schneider, Schuster, Tischler, Goldschmiede, eine Bäckerei wie bei uns im Dorf in den 50iger Jahren. Die Straße geht über in den gedeckten Suk El-Tawileh. Die Stadt wird ihrem Namen gerecht: Damast, Seide, Purpur, Parfüm, Teppiche, Schmuck, Lapislazuli, Kunsthandwerk und, und, und …
© Christine Sollerer-Schnaiter 2021-02-09