von Jasmin Merl
Der Phönix, zu Deutsch “ Der Wiedergeborene“, ist ein Fabelwesen der am Ende seines Lebenszyklus verbrennt und stirbt. Aus der verglühten Asche entsteht jedoch neues Leben, ein neuer Phönix. Was einst verloren geglaubt schien, erstrahlt nun im neuen Glanz wieder.
Genau diese Redewendung beschreibt am Besten, worum es in dieser Geschichte nun geht. Nach meinem monatelangen Aufenthalt in einer Klinik für Essstörungen, bin ich gesund nachhause entlassen worden. Voller neuer Energie und Tatendrang wollte ich so schnell wie möglich mein neues Leben beginnen. Ein paar Monate später zog ich bereits in eine andere Stadt, um mit meinem Psychologie-Studium zu beginnen. Diese Idee entstand mitunter in der Klinik, und ich war außer mir vor Stolz, diesen Traum zu verwirklichen. Die ersten Monate in dieser neuen Stadt waren unglaublich, ich fühlte mich so … so normal. Ich war eine Studentin wie jede andere auch. Ich zog in ein Studentenwohnheim, jeden Tag von früh bis spät außer Haus, bei Lehrveranstaltungen und Seminaren, mit Freunden am See und in der Stadt.. das Leben konnte nicht besser sein. Ich begann mich immer mehr in dieses neue „Ich“ zu verlieben.. und ich wurde neugierig auf mehr. Ich wurde erfinderisch, probierte mich aus, färbte mir die Haare zuerst Rot, dann wieder Blond, dann Dunkel, schnitt sie mir kurz, um sie dann wieder lang wachsen zu lassen. Ich begann mir weitere Tattoos stechen zu lassen, aus dem einzigen kleinen Tattoo am Handgelenk wurden im Lauf der Zeit 7 Stück, verteilt am ganzen Körper. Ich begann mit Sport, Laufen, Gym. Ich suchte mir sogar einen Motorradclub und feierte die Nächte durch. Kurzum, ich holte die vergangenen Jahre meiner Jugend nach. Ich suchte mir auch einen Job, begann neben der Uni zu arbeiten, fand auch Gefallen an der Arbeitswelt.
Von außen hin betrachtet führte ich ein wunderbares Leben, man konnte kaum glauben, dass ich noch vor wenigen Jahren schwer krank war. Dann kam der Höhepunkt meines neuen Lebens, ich verliebte mich, zog mit meinem Partner zusammen, wir machten großartige Reisen und bauten uns Stück für Stück unser gemeinsames Leben auf.
Und dann kam der Rückschlag.
13 Monate…. nun sind es schon 13 Monate, in denen sie wieder da ist. Die Krankheit. Aber nicht, wie ihr glaubt. Sie ist nur indirekt da, wie ein Geist, niemand sieht sie, doch ich kann sie in mir spüren. Es sind die Spätfolgen, über die niemand spricht. Es sind die Schatten einer längst vergangenen Zeit. Mein Körper gab mir am Höhepunkt meines Lebens die Strafe dafür, was ich ihm die 8 Jahre in meiner Jugend an Leid zugefügt hatte. ich kam nicht einfach so davon, er ließ mich den Fehler spüren. Jeden Tag.
© Jasmin Merl 2025-01-22