von Jörg Gschaider
Ein Arzt im LKH Villach hatte mir geraten, mich in ein Krankenhaus nahe meinem Wohnsitz verlegen zu lassen. Wer könnte einen Transport besser organisieren als meine Frau?
„Ich hab mit der Rettung telefoniert. Sie bringen Dich für 15000 ÖS nach Judenburg.“„Waaas?! 15000? Das kommt überhaupt nicht infrage! Sei so gut bitte, besorg ein privates Fahrzeug.“ „Aber mit der Rettung fährst sicher, da wirst Du betreut.“ „Die paar Kilometer schaffen wir auch ohne Pfleger!“ „Geh, sei doch vernünftig!“ „Nein, nein! Die sind zu teuer, viel zu teuer! Du wirst bestimmt jemanden finden, der Zeit hat, Liebes!“
Ich bin zwar auf den Kopf gefallen, aber so schlimm auch wieder nicht, dass ich in einem kurzen hellen Moment, der mir beschieden war, eins und eins nicht zusammenzählen hätte können: Einen halben Monatslohn für die Bergung des Fahrzeuges! Was darf eine Verladung von 250 kg Schrott auf einen Lkw kosten? Und jetzt fast einen ganzen Lohn für 130 km Fahrt? Die wollen mich doch alle … Tztztz … Kopfschütteln! Das war wirklich bad! Nicht mit mir! Ein VW-Bus, ein Espace oder Ähnliches würde wohl aufzutreiben sein …
Ich kann mich nicht erinnern wie, aber irgendwie wurde ich nachmittags zum Spitalseingang bugsiert, wo Daniela, ein Cousin und ein zweitüriger Audi A3 auf mich warteten. Die Überraschung des Cousins über meinen Zustand und meine über die Größe des Fahrzeugs dürften sich, nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen, die Waage gehalten haben. „Hi Günther, schön, dass Du Zeit gefunden hast.“ „Ist doch klar, nicht der Rede wert“, antwortete er betretenen Blickes. Auf die Rücksitzbank gequetscht, hatte ich es dann doch recht bequem und mir nichts, dir nichts, war Judenburg erreicht.
Mich wunderte, dass am Eingang zur Notaufnahme bereits ein ganzes Pfleger- und Ă„rzteteam auf mich wartete. Ich musste wohl avisiert worden sein und sicher haben’s dabei ein bisserl ĂĽbertrieben. Dem Krankenhauspersonal stand die VerblĂĽffung, das Staunen ĂĽber das gewählte Transportmittel in die Gesichter geschrieben. Sie hatten wohl ein Rettungsfahrzeug – womöglich mit Blaulicht – erwartet. So schlimm fĂĽhlte ich mich nicht. Ich glaubte nach wie vor nicht schwer verletzt zu sein. Wie dem auch sei, war ich in KĂĽrze aus dem Wagen geschält, auf ein Krankenbett gelegt und in einen Untersuchungsraum geschoben worden.
Na also, ist doch gut gegangen!
Ich müsse nur ein wenig warten, teilte der Arzt mit. Das traf sich gut, denn die einzige Beschwerde, die mich im Moment plagte, war Hunger. „Da kann Ihnen geholfen werden. Die Kantine ist noch offen“, sprach ein Herr in Weiß mit einem Schmunzeln im Gesicht. Na, in diesem Fall eilte die Untersuchung ganz und gar nicht. „Geh Dani, sei so gut … Drei Wurstsemmeln mit Käse und Essiggurkerl. Und ein Mineral vielleicht.“ Umgehend machte sich mein Schatz auf den Weg und kurze Zeit später ließ ich mir den kleinen Snack vor dem Röntgenapparat gut schmecken. Essen und trinken hält bekanntlich Leib und Seele zusammen.
© Jörg Gschaider 2021-11-11