von Katharina_F
Am nördlichsten Punkt der Erde befindet sich die Arktis. Ihr Name ist dem altgriechischen Wort árktos zu verdanken, was soviel wie „Bär“ bedeutet. In dieser Geschichte soll es um einen ganz besonderen Bären gehen.
Ziemlich genau in der Mitte des riesigen Nordpols lebt der Eisbär Vincent mit seinen Geschwistern und ihrer Mutter Anna. Vincent ist kein gewöhnlicher Bär. Seine Stimmung kann sich so schnell ändern wie das Wetter in der Arktis. Am einen Tag strahlt er vor Freude, am anderen bricht eine tiefe Dunkelheit über ihn herein.
In der Zeit, in der es dem Polarbären gut geht, braucht er fast keinen Schlaf. Entweder jagt er den ganzen Tag Polarfüchsen hinterher, verhandelt mit Rentieren über das nächstgelegene Gebiet oder zettelt ernste Auseinandersetzungen mit Robben an. Ein Mal geht er während seiner übertrieben aktiven Phase so weit, dass er seinen Fantasien sowie seiner Gereiztheit beim Spielen mit dem Nachbarsjungen freien Lauf lässt und ihn dabei ernsthaft verletzt. Doch selbst dieser Schock kann ihn nicht bremsen. Er sieht sich als überaus attraktiven und starken Anführer und erklärt alle Weibchen in seiner Umgebung zu seinem Eigentum. Als er mehrere Tage nicht geschlafen hat und die Dunkelheit über die Eiswelten hereinbricht, bildet er sich ein, Polarlichter zu sehen. Dabei weiß er, dass es diese nur am südlichen Ende der Welt gibt – der Antarktis.
Aus dem Nichts zieht Vincent sich plötzlich zurück und gibt weder Freunden, Feinden noch der eigenen Familie jegliche Art von Lebenszeichen. Er wird immer trauriger und etwas in seinem Inneren sagt ihm, dass er einen langen Winterschlaf halten sollte, so wie es seine entfernten Verwandten tun. Dabei bietet der Winter dem Polarbären optimale Bedingungen um zu überleben, eine solch lange Ruhe wäre also tödlich für Vincent. Hunger verspürt er mittlerweile nur als brennenden Schmerz im Bauch. Es tauchen Schuldgefühle wegen seiner unüberlegten Unternehmungen auf. Außerdem bereut er nun von ganzem Herzen, seinen Freund verletzt zu haben.
Der Eisbär kann nur mehr über negative Themen nachdenken, die ihn runterziehen. Vor allem beschäftigt ihn die Frage, ob seine Familie ohne ihn besser dran wäre. Anna und die anderen sind die Stimmungsschwankungen von Vincent schon gewöhnt. Unter seinen Freunden wird er mittlerweile „der Bipolarbär“ genannt. Um ihn bestmöglich zu unterstützen, zeigen sie ihm, wie viel er ihnen bedeutet und dass egal was komme, sie immer für ihn da sein werden. In Guten wie in schlechten Zeiten. Sie begegnen ihm mit Verständnis und Geduld und schon bald wird es ihm besser gehen.
Wir müssen alle zusammenhalten. Sich so zu fühlen, als würde man zwischen Polen hin- und hergerissen werden, ist in den wenigsten Fällen angenehm.
© Katharina_F 2023-08-17