von Lorenz Graf
Es war Ende Mai 2020. Die Wirte durften ihre Gaststätten wieder öffnen. Wir brauchen dringend unsere Gasthäuser, um einem amerikanischen Schicksal zu entgehen. Denn, sterben die Beisel, müssen Psychiater einspringen. Statt Bier und Veltliner gibt’s dann Tabletten und notwendige Sitzungen beim „Seelendoktor“ für unser Wohlbefinden.
Ich gehe noch immer gern in ein Wirtshaus. Natürlich habe ich das sofort am Tag der Öffnung damals auch gemacht. Ich freute mich, wieder meine Bekannten zu treffen, „kluge“ Gespräche zur Rettung der Welt zu führen, zu politisieren und Erlebtes zu erfahren. Als guter, verantwortungsbewusster Staatsbürger achtete ich aber auf die strengen Corona-Vorschriften des Krankheitsministeriums. Das mit den Masken gefiel mir nicht so gut, mir war das Abstandhalten lieber, ein Abstand gemessen an einem Baby-Elefanten. Einen solchen hatte ich mir gebastelt. Meine liebe Frau half mir beim Zeichnen der Umrisse. Aus leichtem Pappelholz sägte ich dann mein „Corona-Maskottchen“ heraus. Ich hatte es bemalt und mit Bootslack behandelt, es sollte mich ja auch bei Regen begleiten können. Mein Elefant maß in der Länge 80 cm. Dazu kamen 10 cm Abstand zu der Person vor mir, damit sie vom Elefanten nicht gestupst wird und 10 cm hinter dem Elefanten stand dann mein Bier oder das Achterl Wein. Das machte zusammen vorgeschriebene 100 „Anschoberzentimeter”.
Mit dem Elefanten ausgerüstet besuchte ich mein Stammlokal. Die Begrüßung war entsprechen lustig, der Abend amüsant. Das Elefantenbaby thronte am Tisch und wurde viel bewundert. Aber dann habe ich mein Elefanten-Baby verloren. Gäste, ein junges Paar aus Deutschland, das wir erst aufklären mussten, was es zurzeit mit dem Baby-Elefanten für eine Bewandtnis hatte, wollten ihn unbedingt haben. Ich gab ihn dann schweren Herzens her. Die paar Euroscheine, die sie mir boten, konnten mich schließlich dazu bewegen, mich von meinem Elefanten zu trennen. Wie viel Geld es war, verrate ich nicht, denn der, sonst von mir sehr geschätzte Herr Finanzminister, soll ja nicht alles wissen. Mit dem Geld konnte ich dann die Sperrstunde locker überziehen, auch wenn ich kein Bundespräsident war.
In den folgenden Zeiten ging ich mit einem neuen Baby-Elefanten ins Wirtshaus. Und ich hatte noch weitere Exemplare dieser Tierchen entstehen lassen. Man kann ja nie wissen! Eine kleine Elefantenherde könnte vielleicht das Corona-Finanzloch stopfen helfen.
Überraschender Weise fanden die Enkelkinder und Freunde großen Gefallen und auch Verlangen an den Elefanten. Eine ganze Herde wechselte zu ihnen. Freude kam bei ihnen auf und das Finanzloch blieb bei mir.
© Lorenz Graf 2020-05-31