Der Detektivkoffer

Marcela

von Marcela

Story

Bereits im Volkschulalter war ich eine absolute Leseratte und BĂĽcher waren mir in dieser Zeit das Allerwichtigste. Ich las einfach alles quer durch die Bank: Liebesgeschichte, Krimis, lustige Geschichten…Aber besonders gerne las ich damals Detektivgeschichten. Von den fĂĽnf Freunde, den drei Fragezeichen, TKKG und der Knickerbocker-Bande habe ich beinahe jedes Buch verschlungen.

Eines Tages fand ich auf einem kleinen Flohmarkt ein ganz besonderes Buch der Knickerbocker-Bande. In diesem Buch gab uns Thomas Brezina eine genaue Anleitung, wie man selbst ein Detektiv werden konnte. Ich war natürlich hellauf begeistert. In meiner Vorstellung lief ich wie meine Idole von einem Verbrechen zum nächsten und löste sie mit dem tollkühnen Wissen, dass ich mir durch dieses Buch aneignen würde.

Gesagt, getan. Nachdem ich meine Mutter überzeugt hatte, mir das Buch zu kaufen, saß ich am nächsten Tag davor. In der Mitte des Buches wurde es dann richtig spannend: Ein guter Detektiv braucht nämlich einen Detektivkoffer, lernte ich. Angeführt wurde eine ganze Liste an Dingen, die man dann in den Koffer geben sollte: unter anderem Lupe, Maßband, UV-Lampe, Fingerabdruckpulver, Absperrband und Dekodier-Ausstattung. Feuer und Flamme suchte ich meinen Lieblings Diddl-Koffer heraus und schon war mein Detektivkoffer geboren.

„Duu Papa, hast du irgendwo ein MaĂźband und eine Lupe?“, stand ich wenig später im Wohnzimmer. Sollte mein Vater sich ĂĽber diesen Wunsch wundern, lieĂź er es sich nicht anmerken und schon hatte ich die ersten beiden Items gesammelt. Beim Fingerabdruckpulver wurde es schon schwieriger. Wo sollte ich das nur jemals herbekommen? Als ich meine Mutter beim Backen zusah, kam mir allerdings eine Erleuchtung: Mehl sah doch genauso aus. Sobald ich alleine in der KĂĽche war, gab ich heimlich etwas Mehl in einen kleinen Behälter und schon konnte ich wieder etwas von der Liste abhaken.

Am nächsten Tag waren wir bei meiner Oma zu Besuch. Dort kam mir dann die Idee, wie ich an das Absperrband kommen würde: Meine Oma häkelte sehr gerne. Unauffällig nahm ich eine Wolle aus ihrer Lade. Außerdem hatte meine Oma eine Schablone mit verschiedensten Zeichen zum Abmalen, die sie irgendwann mal für mich gekauft hatte. Diese würde meine Dekodier-Ausstattung werden.

AuĂźer der UV-Lampe, bei der mir die Ideen ausgingen, hatte ich nun alles und war startklar. Ich begann wie eine VerrĂĽckte zu ĂĽben, Geheimsymbole abzuzeichnen und FingerabdrĂĽcke mit Mehl zu nehmen.

2 Wochen später schwand meine Begeisterung allerdings langsam, als sich auch nach langem Ăśben noch immer kein spannender Fall ankĂĽndigte. „Hast du das MaĂźband gesehen? Das hast du dir doch irgendwann mal genommen.“, fragte mein Vater dann auch noch. Obwohl ich schnell einsehen musste, dass die Realität vielleicht doch ein wenig anders als meine LieblingsbĂĽcher war, hatte ich einen RiesenspaĂź gehabt und gab die Sachen glĂĽcklich wieder zurĂĽck.

© Marcela 2020-03-26

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