Der dritte Advent: Das Weihnachtsessen

Kreative-Schreibwelt

von Kreative-Schreibwelt

Story

David stand nervös vor dem großen Gemeindehaus, in dem die Lichter funkelten und der Duft von Gewürzen und warmem Essen in die kalte Nacht hinausströmte. Von drinnen hörte er Lachen und das Klirren von Gläsern. Er war kein Fan von großen Zusammenkünften. Aber hier war er nun. Und das auch noch mit einer selbst gebackenen Quiche, die er in einem Anfall von Übermut zusammengeworfen hatte. Ob es ein mutiger Akt oder ein fataler Fehler war, würde sich bald herausstellen.

Die Tür öffnete sich schwungvoll und Emma strahlte ihm entgegen. »Da bist du ja! Und sogar mit einer Speise. Ich bin beeindruckt.«

»Lach nicht, wenn das hier die Geschmacksnerven der Gäste ruinieren sollte«, scherzte er halb ernst, während er ihr die Quiche reichte.

»Keine Sorge, ich habe einen Plan B.« Sie zwinkerte ihm zu und führte ihn ins Innere. Der Raum war warm, fast überfüllt von den Bewohnern, die alle redeten, lachten und sich Geschichten über vergangene Weihnachtsessen erzählten. Ein riesiger Tannenbaum in der Mitte des Saals glitzerte, behängt mit handgemachten Ornamenten.

David ließ sich von Emma zu einem Tisch ziehen, wo alte Damen mit Stricknadeln und Wangen wie Äpfel saßen und neugierig zu ihm herüberblickten. »Der neue Helfer?«, fragte eine von ihnen und lachte.

»So was in der Art«, antwortete David und fühlte sich seltsam willkommen.

»Setz dich, das Essen beginnt gleich«, sagte Emma und legte ihm eine Hand auf den Arm. Die Berührung war kurz, hinterließ aber ein seltsames Kribbeln. Bevor er antworten konnte, erklang eine Stimme von vorne. Es war der ältere Herr, den David schon öfters gesehen hatte. Herr Weidemann, der selbsternannte Weihnachtschronist des Dorfs.

»Meine Lieben, heute feiern wir nicht nur den dritten Advent, sondern auch die Gemeinschaft, die wir jedes Jahr aufs Neue in diesem Raum erleben.« Ein zustimmendes Murmeln ging durch die Menge, und David fühlte sich plötzlich als Teil dieser Gemeinschaft und murmelte einfach mit.

Das Essen begann, und die Gespräche flossen leicht. David wurde in Geschichten hineingezogen – Geschichten über Weihnachtskatastrophen, bei denen der Truthahn verbrannte, und Legenden über einen mysteriösen Weihnachtsmann, der in einer besonders kalten Nacht Geschenke auf die Türschwellen legte.

Als der Abend fortschritt, stimmte jemand ein Lied an, und bald sang der ganze Saal. David kannte die Melodie nicht, summte aber auch hier leise mit. Emma neben ihm sang mit einer klaren, warmen Stimme, und als ihre Blicke sich trafen, bemerkte er ein Funkeln in ihren Augen, das nichts mit den Lichtern im Raum zu tun hatte.

»Ich habe dir doch gesagt, dass Winterfeld seine Gäste verzaubert«, flüsterte sie lächelnd.

David lachte leise, diesmal ohne Ironie. »Ja, und ich fange an, es zu glauben.«

© Kreative-Schreibwelt 2024-12-15

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Emotional, Komisch, Unbeschwert
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