von Johanna Hiemer
Ein Kribbeln im Bauch, die Tränen im Gesicht, das Gefühl der Erleichterung oder die unbeschreibliche Müdigkeit, die man verspürt, wenn man die Ziellinie überquert …
Was treibt einen zum Ironman? Warum will jemand erst 3,8km schwimmen, dann 180km radfahren und dann, weils ja noch nicht reicht, gleich anschließend noch 42km Marathon laufen?
Schuld daran ist mein Vater.
Als ich 12!! war, hat er einen Ironman gemacht. Damals schaute ich ihm gespannt beim Wettkampf in Klagenfurt zu und löcherte meine Mama mit Fragen. In mir verspürte ich auf einmal einen tiefen Drang, mit 18 Jahren auch dabei zu sein…
6 Jahre später war es dann wirklich soweit und ich stand gemeinsam mit meinem Vater an der Startlinie. Denn eins war uns immer klar: Mein erster Ironman wird Papa’s letzter sein. Es ist schon ein besonders schönes Gefühl, gemeinsam mit dem Vater an der Startlinie zu stehen.
Ende Juni 2013 fiel dann der Startschuß zum 15.Ironman Austrias in Klagenfurt. Ich war natürlich sehr nervös und hatte die ganze Zeit Gänsehaut. Werde ich das schaffen? Überall aufgeregte Athleten, und noch aufgeregtere Betreuer, soweit das Auge nur reichte. Ich strahlte nach außen hin, obwohl es mich innerlich vor lauter Nervosität zerriss.
Start ins kühle Nass unter 3000 Athleten erfolgte pünktlich um 7:00. Zuerst einmal schluckte ich ganz viel Wasser, dann kam die Atemnot, aber nach 5 Minuten fand ich meinen Rhythmus. Die 3,8km vergingen wie im Flug, und nach knapp einer Stunde kam ich aus dem Wasser. Erste Disziplin geschafft. Ich lief zu meinem Wechselplatz und musste feststellen, dass das Rad von meinem Vater noch da stand, er jedoch weit und breit nicht zu sehen war.
Ok dann musste ich mich eben alleine auf den Weg machen. Ohne zu zögern, nahm ich mein Rad und fuhr los. Weil ich ständig daran dachte, wo mein Vater geblieben war, verging die erste Hälfte der Radstrecke wie im Flug. Der Rundkurs bestand aus je 90km. Nach der ersten Runde fuhr ich bei meiner Mama vorbei und fragte sie ganz aufgeregt, wo denn der Papa sei. Sie meinte, er würde gleich kommen. Daraufhin war ich sehr beruhigt und radelte weiter. Bei Kilometer 120 holte er mich ein und wir fuhren die 180km fertig.
Voller Euphorie lief ich aus der Wechselzone raus. Die ersten zwei Kilometer vom Marathon konnte mich niemand bremsen. Doch plötzlich kam „der Mann mit dem Hammer“. Das Laktat schoss mir in die Muskeln. Ich war gezwungen zu gehen, am Rand der Verzweiflung: Schaff ich das überhaupt noch? Komm ich noch ins Ziel?
Die Ungewissheit begleitete mich und jetzt brauchte ich Unterstützung von meinem Papa. Er fand die richtigen Worte und ich lief weiter.
Nach ganzen 10 Stunden und 52 Minuten erreichten wir überglücklich das Ziel. Ich weinte vor Freude und meine Gänsehaut hörte auch nicht mehr auf. Es war geschafft! Erster Ironman, und dann gleich unter 11 Stunden. Unglaublich aber wahr! Ein Erlebnis, das mich wohl noch mein ganzes Leben prägen wird.
© Johanna Hiemer 2019-04-12