Der Hammermörder

T Quallerich

von T Quallerich

Story

In Zürich ging der etwas trunkene Autor Gottfried Keller ziellos umher. Er wollte gerade das schmuddelige Flusswasser schlabbern, als ihn ein gewisser Herr Burdowski ansprach. „Sagen Sie, mein Herr, kennen Sie Fürst Myschkin? War er nicht hier in der Schweiz?“ — „Was? Nee, also…“ — „Na der… der Idiot eben! Ich kann den net leiden.“ — „Und was habe ich jetzt damit zu tun? Ich bin doch nur ein einfacher Gottfried Keller…“ — „Keller? AHA!“ Da begann Burdowski, ihn freudig auf Russisch zuzutexten. „Mein Herr! Mein Herr! Hören Sie doch auf, ich verstehe Sie ja gar nicht!“ — „…Ach was? Keller, was ist denn mit Ihnen? Auch schon das Russische verlernt wie unser guter Fürst? Na, kommen Sie mal mit. Ich bringe Sie wieder zurück nach Russland!“ — „Was? Nein, äh…“ Und dann nahm er Keller gegen dessen Willen nach Russland. In Petersburg angekommen, schleppte Burdowski Keller sogleich in einen Park. Dort saßen zwei Gruppen auf Decken: Die Jepantschins zusammen mit den Iwolgins und dem Fürsten, Doktorenko und Hippolyt, die schon auf Keller und Burdowski warteten. Sie gingen auch prompt zu ihnen hin und ließen sich auf die Decke fallen. Keller war sehr verwirrt und verstand nichts, doch es dauerte nicht lange, bis Burdowski aufstand und allen auf Deutsch von der Keller-Begebenheit berichtete. Schließlich klinkten sich die anderen ein und die Gespräche wurden auf (übungsbedürftigem) Deutsch weitergeführt. Nichts von den besprochenen Themen wissend, wandte sich Keller an Burdowski für Klärung. „Na, hast du das denn nicht mitbekommen? Es geht ein Hammermörder im Pizzapark herum.“ — „Pizzapark?“ — „Ja, wir sind gerade hier. Der heißt so, weil hier immer so viele Italiener sind.“ Lebedew, der immer zwischen den Decken hin und her rannte, bekräftigte Burdowskis Aussagen. Doch plötzlich hielt er inne. „Leute… Habt ihr das gehört? Da ist was im Busch…“ — „Der Hammermörder will uns mit seinem Hammer nageln!“, rief die Generalin erschrocken. Keller widersprach: „Die Dame… Sie meinen wohl nicht ’nageln‘, das bedeutet ja etwas ganz anderes…“ — „Na man trifft doch Nägel mit dem Hammer. Also: nageln“, krächzte Hippolyt. „Nee, so funktioniert das nicht! ‚Nageln‘ ist ja ein schlimmes Wort…“ Aber niemand hörte ihm zu. „Mal sehen wie der uns vernageln will“, orakelte Ganja geheimnisvoll, während er die Arme schlackerte wie ein Oktopus. Keller wollte wieder korrigieren, doch der Aufruhr war schon im Gange. Bis es plötzlich still wurde. „Um Himmels willen, wir müssen hier weg!“, flüsterte Adelaida. Und dann kam eine Person aus dem Busch hervor. Er war hässlich, auf der geschwollenen Stirn klebten braune Strähnen und die zugekniffenen Augen blickten zynisch umher. „Der Hammermörder!“, rief Lebedew. „Das Monster vom Pizzapark!“ — „Nein, Moment“, rief auf einmal Kolja aus. „Das ist nicht der Hammermörder, das ist Amedeo Avogadro, der mit dem Teilchenvolumen!“ Erst Unverständnis, dann aber hellten die ersten Gesichter lächelnd auf. Tatsächlich, es war Amedeo Avogadro, das konnte auch Lebedew bestätigen. Er wurde herzlich begrüßt und alle atmeten erleichtert auf, doch plötzlich gab es ein dumpfes Geräusch und Avogadro fiel der Länge nach zu Boden. Hinter ihm stand Rogoshin, blutigen Hammer in der Hand. Alle dachten, nun wäre über sie gerichtet, doch es stellte sich heraus, dass Rogoshin eigentlich bloß behämmert war, also ging er aus Langeweile tanzen.

© T Quallerich 2024-07-19

Genres
Humor& Satire