von Hermann Karosser
Der Rex, ein Deutscher SchĂ€ferhund, war nach meiner Erinnerung âimmer daâ. Ich weiĂ nicht, wann er ins Haus gekommen ist oder wie alt er war. Nach der Angabe in einer Leistungsbewertung von 1955, die ich gefunden habe, war er zu dem Zeitpunkt der PrĂŒfung 3 Jahre alt.
Rex war ein âvollwertiges Familienmitgliedâ, das heiĂt Haus und Garten waren auch sein Lebensraum. Quasi als Hofhund hatte er eine HundehĂŒtte direkt unter dem unteren unserer zwei riesigen Blautannen, wo er schlief und von wo aus er unser groĂes GrundstĂŒck ĂŒberwachte. Er war nicht angekettet oder angeleint und durfte auch ins Haus, was er aber offensichtlich gar nicht so gerne in Anspruch nahm, kein Wunder bei fast 10.000 Quadratmeter Auslauf.
FĂŒr uns Kinder war der Rex ein Spielkamerad, mit dem wir (fast) alles anstellen konnten. Ich habe nie erlebt, dass er nach jemandem geschnappt oder sogar gebissen hat. Dabei waren diese SchĂ€ferhunde damals durchaus scharf abgerichtet. GroĂvater war Mitglied im SchĂ€ferhundeverein Passau-Innstadt, dessen Ăbungsplatz sich nicht weit weg von uns befand. Entsprechend oft waren wir mit dem Rex dort, wo er zu seiner Fitness hohe Hindernisse möglichst schnell ĂŒberwinden musste. Ich erinnere mich aber auch, dass ausgebildete Hundetrainer sich ArmschĂŒtzer ĂŒberzogen und die Hunde so lange reizten, bis sie sich in dem dicken Armschutz fest verbissen.
Der Rex hat allein durch seine GröĂe und Erscheinung das Haus am Berg bewacht. Vor allem aber war er der beste Freund meines GroĂvaters. Wenn Opa weg war und den Hund nicht mitnahm, saĂ der Rex manchmal stundenlang am GartentĂŒrl und schaute in beide Richtungen nach seinem Herrn aus.
Mein GroĂvater war ein sehr glĂ€ubiger Christ, der nicht nur am Sonntag, sondern fast jeden Tag den Gottesdienst in unserer Wallfahrtskirche âMariahilfâ besuchte. Die Kirche ist von einem groĂen Klosterhof umgeben, dessen Haupttor zur StraĂe hin von unserem Gartentor aus voll einsehbar war. So lange der GroĂvater sich in der Kirche aufhielt, wachte der Rex am Gartentor und hatte das Portal des Klosterhofes im Auge. Ich unterstelle dabei, dass er die LĂ€nge des Gottesdienstes irgendwie im GefĂŒhl hatte, denn nach einer gewissen Zeit wurde er unruhig und spĂ€testens, wenn erste Kirchenbesucher den Klosterhof verlieĂen, öffnete er mit der Pfote die Klinke des Schlosses am GartentĂŒrl und lief so schnell er konnte den Berg hinunter, in den Klosterhof hinein und begrĂŒĂte freudig, mit leidenschaftlichen SprĂŒngen den GroĂvater. Manchmal, wenn der GroĂvater noch ein Vater-unser ânachlegteâ und der Rex schneller im Kirchhof war als der GroĂvater, nutzte er die Gelegenheit der offen stehenden KirchentĂŒr, lief vor bis an die zweite Kirchenbank, den Stammplatz des GroĂvaters, und begrĂŒĂte ihn im Gotteshaus nicht weniger freudig und aufgeregt. Ich beobachtete das entweder als Ministrant, wenn nach dem Dienst in der Kirche noch was aufzurĂ€umen war oder vom Chor aus, wo ich mich zuweilen als SĂ€ngerknabe aufhielt.
© Hermann Karosser 2020-07-03