von Victoria
Den Erzählungen meiner Mutter zufolge war ich mit etwa 3 Jahren ein ziemlicher Trotzkopf und kleiner Sturschädel. So ganz kann ich es nicht glauben, was sie mir da erzählt, doch da sich diese Zeit zur Gänze meiner Erinnerung entzieht, muss ich zur Kenntnis nehmen, wie sie es darstellt.
Angeblich habe ich meist das Gegenteil von dem gemacht, was meine Eltern von mir wollten oder erwarteten. Wenn mich also meine Mutter bat, dass ich die Türe schließen solle, machte ich sie absichtlich ganz weit auf. Mit der Zeit gewöhnten sich meine Erziehungsberechtigen an, das Gegenteil von mir zu fordern, dann kamen sie zu dem gewünschten Erfolg, da ich ja partout wieder das Gegensätzliche machte.
Nach dem Essen waren wir Kinder es gewohnt zu sagen: „Danke, gut war es.“ Nun, auch da konnte ich es nicht lassen, auch wenn das Mahl noch so lecker war, zu diesem Spruch noch schnell ein kleines „…nicht“ hinzuzufügen. Das musste einfach sein. Meine Mutter regte sich schon gar nicht mehr auf. Sie wusste ja, dass ich es nicht so meinte, sondern dass ich es einfach genoss, meinen kleinen Dickschädel durchzusetzen.
Ich schwöre, davon ist heute absolut nichts mehr vorhanden, obwohl, nun ja, wenn ich mir etwas unbedingt einbilde und fest in den Kopf setze, dann kann mich fast nichts davon abhalten, dies auch zu verfolgen, auch wenn mich manche dabei „stur“ schimpfen würden. Nein, das ist nicht stur. Das ist einfach konsequent – seht Ihr das nicht auch so?
Eine Episode aus meinem 3. Lebensjahr erzählte jedenfalls meine Mutter auch noch oft in späteren Jahren, obwohl es für mich megapeinlich war. Wenn ich sie nicht so lieb hätte, wäre ich wohl erbost …
Es war noch frühmorgens, meine Mutter putzte das Gasthaus, eine Nachbarin, die stundenweise in unserem Familienbetrieb mitarbeitete, half ihr dabei und wischte den Boden auf. Ich stapfte mit meinen kurzen dicken Beinchen dazwischen herum und suchte nach Unterhaltung und vor allem natürlich nach einem süßen, leckeren Frühstück, denn eine Süße war ich immer schon.
Da ich über den frisch gewischten Boden marschierte, ermahnte mich meine Mutter, dass ich den Raum verlassen solle, bis der Boden getrocknet sei. Ich stapfte festen Schrittes rückwärts und blickte ihr trotzig und tief in die Augen. „Nein, ich muss da jetzt durch!“ behauptete ich, da ich unbedingt in die Küche wollte. Dummerweise übersah ich bei meinem Rückwärtsgang, dass hinter mir der volle Wasserkübel zum Aufwischen stand.
„Vorsicht!“ rief meine Mutter noch, doch – plumps – landete ich bereits rücklings mit meinem Po im Kübel und steckte fest.
Unsere Nachbarin bekam einen Lachanfall, weil mein tollpatschiger Unfall so lustig aussah – ich jedoch fand das gar nicht witzig. Wütend und mit hochrotem Kopf kämpfte ich mich aus meinem nassen Gefängnis und lief schnell in mein Zimmer. Tja, so ein Dickkopf tut nicht immer gut – und manchmal beschert er sogar ein nasses Hinterteil!
© Victoria 2020-04-25