von Philipp Harre
Was kann es schöneres geben, als in der Badewanne zu liegen und in die Sterne zu schauen? Eigentlich nichts, wenn man ein Dachfenster hat. Wir haben keins. Aber mittlerweile haben wir eine Wanne im Garten. Eingemauert mit Ziegelsteinen, die im Nachbardorf verschenkt wurden.
Tja und manchmal verschenkt einer was und einer kann das gebrauchen und dann entsteht daraus mehr, als man erwartet hatte. So wie diese Freundschaft, von der noch einiges zu erzählen sein wird.
Als wir die mondäne Adresse des freigiebigen Mannes erreichten, der seine Ziegel loswerden wollte, staunten wir nicht schlecht. Ein pompöses Rittergut, im Garten große, alte Bäume, dahinter eine kleine Kirche. Auf einer Palette standen die Steine bereit, das Hoftor war geöffnet, doch wir parkten erstmal draußen. Man fällt ja nicht mit der Tür ins Ritterhaus.
Auf unser Klingelzeichen öffnete ein Hühne von einem Mann die Tür. Groß, breitschultrig, Bart. Ein echter Ritter eben. Als er unser kleines Auto sah, musste er wahrscheinlich schmunzeln. Was wir aber nicht sehen konnten, da wir gerade mit Blick auf die Steine merkten, was wir nicht bedacht hatten. Steine sind schwer.
Nachdem wir die Hälfte in unseren Kofferraum geladen hatten und der Spalt zwischen Reifenoberkante und Karosserie kaum mehr zu erahnen war, kam uns der rettende Ritter zu Hilfe. „Ihr könnt auch meinen Hänger haben.“
Ich erwähnte vorsorglich weder, dass ich noch nie mit Hänger gefahren war, noch, dass ich mit meiner Fahrerlaubnis gar nicht mit Hänger fahren darf. Das alles aber hätte den Riesen vermutlich auch gar nicht interessiert. Mittlerweile sind schon so einige Dinge zwischen uns hin und her gegangen. Die Verteilung war oft etwas ungleich. Holzofen von ihm gegen Wachteleier von uns. Kettensäge leihen gegen Wachteleier. Auto leihen gegen Wachteleier. Das System sollte erkannt worden sein.
Den Weg über das Internet haben wir schnell aufgegeben und privat unsere Nummern ausgetauscht. Und immer, wirklich immer, wenn wir heute darüber nachdenken, wo wir das Gesuchte herbekommen könnten, geht unsere erste Frage an den Ritter.
Irgendwann hat der Ritter sein Gut verkauft und ist in einen minimalistischen Gartenbungalow gezogen. Ein Schock für uns. Denn wir fragten uns natürlich, wo lagert er nun all die Dinge, die wir brauchen und von ihm leihen können?
© Philipp Harre 2023-07-23