Der Wolf …

HelgaLombardi

von HelgaLombardi

Story
Lagos – Algarve – Portugal 2024

“Your anxiety is lying to you” oder sehr frei übersetzt: “Angst ist kein guter Ratgeber”. Nach dem Lesen des Zitats begann ich über das Thema nachzudenken. Wohlgemerkt aus meiner ganz persönlichen Sicht und Erfahrung. Eine in den aktuellen Krisenzeiten durchaus spannende Frage.

Spontane Angst ist meistens situationsbezogen. Gehe ich durch den Wald und sehe einen Wolf, dann ist das eine reale Situation, die unsere Furcht triggert. Eine Begegnung wie aus dem Märchen. Der böse Wolf ist ein fast archetypisches Symbol. Dieser Gedanke bot die direkte Verbindung zu einem Traum, den ich vor langer Zeit hatte. Ich erinnere mich eher selten an Geträumtes. Aber jene Träume, die in der Früh vor dem Aufwachen stattfinden, bleiben oft in Erinnerung.

Ich spaziere also durch einen Park. Mit Wiesenflächen, Büschen und Sitzbänken. Ich sehe kaum einen Menschen, außer einen jüngeren Mann, der sich in Sichtweite befindet und in die gleiche Richtung geht. Auf einmal raschelt es im Gebüsch, und ein Tier tritt hinaus auf den Weg. Ein Schäferhund? Nein, da ist etwas Wildes in seinem Gesicht, es handelt sich um einen Wolf, der sich zuerst umschaut und dann langsam in unsere Richtung bewegt. Gemächlichen Schrittes. Seine Körperspannung zeigt keinerlei Aggression. Jedenfalls nicht für mein Gefühl.

Ich nehme als erstes die Reaktion des jungen Mannes wahr, nachdem er den Wolf gesichtet hat. Ihm steht das blanke Entsetzen im Gesicht. Und von einer Sekunde auf die andere nimmt er seine Beine in die Hand und macht sich durch die Büsche aus dem Staub. Der gleiche Impuls kommt auch in mir hoch. Gefahr erkannt und ab durch die Mitte. So schnell es geht. Aber im selben Moment nehme ich eine innere Stimme wahr. Im Grunde ist es ein instinktives “No”, das mir in dieser Situation von einer Flucht abrät. Die Botschaft, die in Sekundenschnelle durch meinen Kopf schießt, beinhaltet Stichworte wie: “Wegrennen finde ich doof. Das widerstrebt mir. Es bringt nichts. Mach‘ ich nicht.” Also entscheide ich mich, auf der nächstbesten Bank Platz zu nehmen und der Dinge zu harren, die auf mich zukommen. Ich schaue bewusst nicht in Richtung des Wolfes, der von links auf mich zutrottet. Er kommt näher, ignoriert mich anfänglich komplett und als wir auf Augenhöhe sind, dreht er seinen Kopf um 90 Grad in meine Richtung und sagt freundlich: “Guten Tag, Frau Lombardi.“ Um anschließend in entspanntem Trott seinen Spaziergang fortzusetzen … Fast zeitgleich muss ich aufgewacht sein, der Traum war noch in jeder Einzelheit präsent. Er hat mich lange Zeit begleitet.

Der Traum war wie eine Botschaft meiner Seele: Wegzulaufen (im übertragenen Sinne gemeint) ist im Leben selten eine gute Entscheidung. Diese Option war eh nie die meine gewesen, warum auch immer. Es ist ein Gefühl, das aus dem Bauch kommt. Gepaart mit der gespannten Neugier abzuwarten und selbst zu erleben, was WIRKLICH passiert. Fernab von Befürchtungen, Erfahrungen oder Meinungen anderer Menschen.

Zum Schluss noch ein Zitat von Matthias Strolz zum Thema Angst: „Der schrecklichste Drache hütet das Wertvollste.“ Food for thought …

© HelgaLombardi 2024-03-15

Genres
Spiritualität
Stimmung
Abenteuerlich, Mysteriös, Reflektierend
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