von LisaMaria
“Auf geht’s. Daheim ist daheim. Wenn du nicht fort musst, dann bleib’… Warum bist du dann noch hier? Zu Hause ist es einfach am schönsten. Heimat ist ein Gefühl- das kannst du überall haben…”
Ich kuschle mich auf meinen Lieblingssessel, eine Decke bis hoch zu den Schultern, ein Buch auf dem Schoß. Meine Augen sind müde von der vielen Bildschirmarbeit. Eine Seite ist aufgeschlagen, lesen kann ich jedoch nicht mehr. Meine Mutter hat angerufen und mir wieder Ratschläge gegeben. Das macht sie oft und gerne. Diesmal ging es um meinen Freund. “Du musst mehr auf ihn eingehen. Hör ihm zu und gib ihm das Gefühl, dass du ihn verstehst“ Ja, Mama. Danke, Mama. In mir brodelt es. Wir hatten wieder einmal gestritten, Alex und ich. Meistens geht es um nur ein Thema. Eigentlich immer. Er fühle sich nicht verstanden. Ich sei zu egoistisch. “Lass ihn doch spinnen”, meint meine beste Freundin. “Er wird sich schon wieder beruhigen.”
Wenn ich etwas hasse, dann diese Unentschlossenheit. Meine Unfähigkeit, zu mir selbst und meinen Entscheidungen zu stehen. Lieber frage ich tausend Menschen um mich herum, was sie von einem Thema halten, als mir zu erlauben, auf mich zu hören. Mein Bauchgefühl liegt meistens richtig. Ich spüre sehr wohl, was sich für mich gut anfühlt. Warum mache ich es dann nicht? Warum lasse ich mich immer verunsichern von den Meinungen anderer? Jeder meint es gut. Ja klar. Jeder möchte helfen und hat einen guten Rat parat. Nur hat jeder Mensch sein eigenes Bauchgefühl und eine eigene Sicht auf die Dinge.
Zu mir selbst stehen und Verantwortung für mein Tun übernehmen. Dann kann die Welt Purzelbäume schlagen und sich quer stellen. Warum nicht endlich durchziehen, wovon ich träume?
Alex sitzt mir gegenüber am Tisch. Wieder schmollt er. “Warum möchtest du unbedingt dieses Au-pair Jahr machen? Glaubst du wirklich, dass unsere Beziehung das übersteht?”. In mir scheiden sich die Geister. “Lass ihn doch spinnen. Sei etwas milder mit ihm. Was soll schon passieren? Du möchtest doch nicht, dass er dich verlässt! Wenn er dich gern hat, bleibt er treu. Männer, sind doch alle gleich. Ihr könnt doch vorübergehend eine Fernbeziehung führen…“
Ich springe vom Tisch auf, mit einer derartigen Wucht, dass der Sessel nach hinten kippt und zu Boden fällt. Alex sieht mich mit großen, erschrockenen Augen an. Schnell verlasse ich das Wohnzimmer und schließe die Türe hinter mir. Weg mit dem Druck. Ich möchte einfach ich sein, authentisch bleiben. Doch wie kann ich das, wenn um mich die Blitze einschlagen?
Langsam beruhige ich mich. Ich atme tief durch. Bis ich schließlich allen Mut zusammennehme und raschen Schrittes zurück ins Wohnzimmer gehe, um meine Entscheidung zu verkünden. Ich habe Heimat gefunden. Ich habe MEINE persönliche Heimat entdeckt …
© LisaMaria 2022-02-09