von Andreas Tatowsky
Dumme Geschichte, wenn man versucht, dem Chef der Unterwelt die Hölle heiß zu machen, dann kann es durchaus passieren, dass man selber in die Bredouille kommt, ich möchte nicht in dieser Haut stecken, schon gar nicht in der des Sisyphos.
Der wurde bekanntlich einst von Hermes dazu verdonnert, ewig lange einen Stein den Berg hinauf zu rollen, der jedes Mal am Gipfel angekommen wieder zurück ins Tal kugelt. Diese Geschichte kennt sicher jeder unter der Bezeichnung „Sisyphos-Arbeit“ und sie ist bis heute noch ein geflügeltes Wort für eine Tätigkeit, die weder Ziel noch Sinn noch erkennbares Ende kennt.
Die philosophische Betrachtung der Neuzeit, damit meine ich das zwanzigste Jahrhundert, finde ich insoweit interessant, als die Betrachtungen der einzelnen Philosophen recht amüsant zu lesen sind und vielleicht schon fast kabarettistische Züge aufweisen.
Wobei Albert Camus zum Beispiel der Ansicht ist, dass der Kampf gegen den Gipfel ein ganzes Menschenherz auszufüllen vermag und wir sollten uns Sisyphos eigentlich als einen glücklichen Menschen vorstellen, während Fred Portegies Zwarts der Meinung ist, Sisyphos müsse das Lob des Steines singen. Elmar Dod aber erkennt, dass die Götter nur ein Traum sind und der Abgrund, in dem der Stein rollt, sein letzter aber befreiender Abstieg sein wird.
Heiner Müller hingegen sieht das ein wenig physikalischer, nämlich in der Abnützung der Gegenstände hin bis zum denkbaren Nullpunkt, mit der Erkenntnis, dass niemand auf einer Fläche auch nix bewegt. Kunststück, nix is eben nix!
Bei Günter Kunert wieder, stößt der Sisyphos den Stein nach kurzen Triumph des Sieges selbst wieder in die Tiefe und bei Günter Grass bliebe er eines Tages überhaupt einmal droben liegen.
Am besten jedoch finde ich die Darstellung von Hans-Ullrich Treichel, in der die Möglichkeit der Abnutzung thematisiert wird und dabei der Stein war schon bald nur noch der Rest seiner selbst sein wird mit dem Konsens: Vor ein paar Jahren ist er mir in den Ausguss gerutscht.
Alle diese Darstellungen sind eine wunderbare Ansicht einer einzigen Tatsache, Sisyphos ist ein wahrlich armer Mensch, der leider erkennen muss, dass er seine Arbeit wahrscheinlich nie zu Ende bringen wird, weil sein Stein immer wieder den Berg hinunter Rollen wird, wahrscheinlich auch in aller Ewigkeit nicht enden wollend.
Was passiert aber, wenn er erkennt, dass er sich gerade in der buckligen Welt befindet?
© Andreas Tatowsky 2023-01-29