von Lea Fäßler
Es ist so weit, heute ist Ninas 18. Geburtstag, heute darf sie ganz offiziell alleine mit dem Auto zur Schule fahren. Sie ist ein wenig aufgeregt, ihre Finger legen sich immer wieder nervös ums Lenkrad, lassen es wieder los, während sie wieder und wieder die Spiegeleinstellung korrigiert. Schon ganz oft ist sie mit dem Auto ihrer Mama gefahren, den Führerschein hat sie bereits mit 17 bekommen, aber alleine gefahren ist sie noch nie.
Ihre Eltern stehen lächelnd in der Einfahrt, warten geduldig darauf, dass ihre Tochter den Mut findet loszufahren. Schließlich schaut das Mädchen ein letztes Mal prüfend in den Spiegel, schließt den Gurt, dreht den Schlüssel und atmet einmal tief durch. „Ich kann das“, sagt sie entschlossen, legt den Rückwärtsgang ein und fährt los. Ihr Herz schlägt ganz schnell in ihrer Brust, ihre Hände sind ein bisschen schwitzig, sodass sie sie ständig an den Hosen abwischen muss. Einmal noch kurz winken, dann ist sie auf der Straße.
Ein kleines Grinsen breitet sich auf ihrem Gesicht aus, als sie die ersten Kurven nimmt. Niemanden neben sich auf dem Beifahrersitz zu haben fühlt sich zwar ungewohnt, irgendwie aber auch toll an. Wieder streicht sie über ihre Beine, versucht das Lenkrad nicht ganz so fest zu halten, möchte gerne etwas Musik hören, traut sich aber doch noch nicht, weil sie Angst hat zu sehr abgelenkt zu werden.
Ihre Schule ist nicht weit entfernt, bald schon taucht das bekannte Gebäude in der Ferne auf. Nina überlegt, wo sie das Auto parken soll, darüber musste sie bisher nie nachdenken, weil ihre Mama immer dabei war und es wieder mitgenommen hat. Aber sie weiß, dass sie auch das schaffen wird und lächelt, während sie auf den Parkplatz einbiegt.
Am Ende der Reihe entdeckt sie schließlich einen guten Platz, bleibt stehen, versucht sich den Merksatz aus der Fahrschule ins Gedächtnis zu rufen, ist aber zu nervös dafür. Also schüttelt sie nur einmal die Hände aus, schaut über die Schulter und lenkt den Wagen rückwärts in die Lücke. Natürlich steht sie nicht gleich gerade, doch das stört sie nicht, sie fährt einfach ein Stück nach vorne und versucht es nochmal. Dann schaltet Nina den Motor aus, lehnt sich im Sitz zurück. Ein wahnsinniges Glücksgefühl breitet sich in ihr aus, ihre Augen fangen an zu strahlen, sie grinst bis über beide Ohren – geschafft! Die erste Autofahrt ganz alleine! Noch immer grinsend steigt das Mädchen aus, läuft zu ihren Freunden, die bereits am Schultor warten. „Ich wusste du schaffst das!“, ruft ihre beste Freundin begeistert. „Ich bin so stolz auf dich!“
Nina lacht, lässt sich in eine Umarmung ziehen und schaut zurück auf das Auto, das sie ganz alleine hier hergefahren hat. In diesem Moment weiß sie, dass sie alles schaffen kann.
© Lea Fäßler 2023-07-31