Die Geschichte mit den Streichhölzern

Maria Oberhammer

von Maria Oberhammer

Story
Schweden 2023


Wer kennt es nicht, das traurige Märchen vom Mädchen mit den Schwefelhölzern? Man sagt, dass Schwefelhölzer schon vor mehr als 2000 Jahren als wichtige Anzündhilfe dienten, um Feuer zu machen. Das erste echte Streichholz mit Reibungszündung wurde aber erst um 1826 erfunden.

Hans und ich sind gerade in Südschweden unterwegs, als wir im Reiseführer über das Tändsticksmuseet (Streichholzmuseum) in Jönköping lesen. Also nichts wie hin, in diese Stadt direkt am Vättern, dem zweitgrößten See des Landes. Das Museum befindet sich im ehemaligen Werksgelände der Zündholzfabrik, wo die Streichholzproduktion ausführlich dokumentiert wird.

Jönköping gilt als Heimat der Schwedenhölzer, die hier von 1844 bis 1970 produziert wurden. Es waren moderne Sicherheitsstreichhölzer, die sich nicht mehr selbst entzünden konnten. Davor war dem Zündkopf hochentzündlicher weißer Phosphor beigesetzt worden, dessen Dämpfe bei den Fabriksarbeiter:innen schwere Vergiftungen verursachten. Die Zähne wurden dermaßen geschädigt, dass sie ausfielen oder gezogen werden mussten. Kiefernekrosen führten zu starken Schmerzen und massiven Verunstaltungen. Der Unterkieferknochen begann anzuschwellen und sich gleichzeitig zu zersetzen. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Phosphor in der Streichholzherstellung weltweit verboten. Auch Kinderarbeit war damals gang und gäbe. Die Zündholzschachteln wurden meist in den beengten Arbeiterwohnungen von Kindern geklebt. Hautnah wird das harte Leben in der Zündholzfabrik im Museum geschildert. Zu sehen gibt es außerdem die Maschinen, die der Ingenieur Alexander Lagermann im Laufe der Jahre für die Streichholzfabrik erfand. Im letzten Raum sind eine große Anzahl unterschiedlicher Streichholzschachteln ausgestellt, mit allen möglichen Motiven im Wandel der Zeit. Schnell wurde damals das Geschäft mit Werbeaufdrucken erkannt und beliebt. Wir können gar nicht anders, als selbst ein paar dieser schönen Zündholzschachteln zu kaufen. Natürlich auch solche der schwedischen Traditionsmarke Solstickan (Sonnenhölzchen) mit ihrem berühmten Design: Ein kleiner Bub, der Richtung Sonne wandert!

Auch wir „wandern“ weiter. Durch die endlosen Wälder der mittelschwedischen Provinzen Dalarna und Jämtland fahren wir nordwärts und verweilen an traumhaften Plätzen, immer an einem Fluss oder See. So wie Büffel in der Savanne waten Kühe durch das sumpfige Ufer des Orsasees. Kraniche breiten ihre Flügel aus und gleiten durch die Lüfte. Und knapp vor der Grenze zu Lappland, kreuzt das erste Rentier unseren Weg. (Sommer 2023)




 


© Maria Oberhammer 2024-02-22

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