Die gute, alte Schreibmaschine …

RENAvonRAVENSTEIN

von RENAvonRAVENSTEIN

Story

Wenn ich beginne mich an frĂĽhe Kindheitsmomente zurĂĽckzuerinnern, dann blitzen kurze Gedankenfragmente in mir auf, in denen ich mich voller Begeisterung und Elan auf Mamas alter, mechanischer Schreibmaschine ĂĽben sehe.

Die blaugraue Lettera 22, ein echt italienisches Markenprodukt von Olivetti mit Reisekoffer, aus dem Jahre 1961, strahlte wohl eine ungeheure Anziehungskraft auf mich aus und ich weiß noch, wie total erhebend es sich angefühlt hatte, wenn ich kleines Prinzesschen es mit vollster Kraftanstrengung schaffte, meinen vollen Namen fehlerfrei zu tippen und vielleicht sogar das Farbband von Schwarz auf Rot umzuschalten. War das ein Erfolgserlebnis für mich kleine „Sekretärin“, die es ihrer so schreib geübten Mama gleichtun wollte.

Sie bekam diese nagelneue Schreibmaschine einst, als sie zur Berufsschule ging, wo sie Stenographie– und Maschinenschreiben erlernen musste. Zum Glück war Mom eine fleißige Schülerin und konnte sogar einen Gewinn bei einem Schreibwettbewerb einheimsen! So zogen die Jahre ins Land und die Lettera stand unbeachtet und einsam im Einbauschrank oben im Treppenhaus.

Als wir neulich etwas umräumten, entschied Mama spontan, dass sie nun bereit sei, ihre Schreibmaschine zum Verkauf anzubieten, weil es hilfreich wäre, etwas von den viel zu vielen Sachen zu dezimieren, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben und folglich mit leichterem Gepäck die Lebensreise fortzusetzen, wohin auch immer diese führen mag.

Flott waren Fotos geschossen sowie das Verkaufsinserat erstellt, nach meinem kleinen Studium in Sachen mechanischer Schreibmaschinen. Welch spannende, wissenswerte Detailinformationen ich dabei erfahren durfte, toll. Man lernt wirklich nie aus!

Die Freude war groß, als morgens eine sehr freundliche Anfrage eines Interessenten in meinem Postfach einging. Dennis schrieb kurz, dass er Student sei und ziemlich viel schreibt, u.a. auch Drehbücher. Für seinen Schreibprozess würde er fortan sehr gerne auch so eine alte Schreibmaschine nutzen und diese am liebsten heute noch abholen. Mein Interesse war in der Sekunde geweckt und ich hellwach: “Oh, ein junger Herr, der Drehbücher schreibt und ausgerechnet auf mein Inserat stößt? Welch herrlicher Zufall ist das denn?“

Als ich die Lettera nach unten trug, musste ich plötzlich lächeln, denn mir wurde dabei bewusst, dass der Ton, welchen ich vor langer Zeit für SMS– sowie Mailbenachrichtigung am Handy ausgewählt und eingestellt hatte, die „alte Schreibmaschine“ ist. Ich fand diesen Ton einfach am passendsten und verband damit immer die schönen Erinnerungen.

Strahlend und gut gelaunt stand der junge, fesche Herr vor der Türe meines Elternhauses und das Strahlen seines Gesichts wurde noch heller, als ich die Türe zum Essraum öffnete, wo das gute, alte Stück geduldig am Tisch wartete, bereit zum Probeschreiben und Begutachten. Nach kurzem, netten Plausch und Testen aller Anschläge, sagte er: “JA, ich nehme sie!” …

© RENAvonRAVENSTEIN 2022-08-20

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