Meine Paddelkarriere begann sehr spät, mit 32. Eine Arbeitskollegin kam atemlos aufgeregt aus Canada zurück: I hab an Superspurt entdeckt! Muass schaugn, ob’s des bei uns a gibt. Es gab, Wildwasserpaddeln, Wildalpen, Steiermark. In der glasklaren smaragdgrünen Salza, wo die Forellen noch unter’m Boot durchschwammen. Am Wochenende waren wir dort. Im Paradies.
Ich fuhr hauptsächlich mit, um einen großen Liebeskummer zu vergessen. Wildwasser war genau das Richtige. Zwei Tage an nichts anderes denken als ans Überleben.
Anfängerkurs. Trockentraining auf der Wiese am Brunnsee in den Booten parallel nebeneinander sitzend. Bevor es begann, mussten mich zwei Paddellehrer aufheben und umdrehen. Mein Boot und ich standen nämlich „gegen die Einbahn“. Als einziges. Das hängt mir heute noch nach und wird bei jedem Treffen gerne aufgewärmt.
Anfangs wurden wir im Brunnsee umgeworfen, um zu wissen, wie das ist, wenn man kentert. Bei meiner Freundin ging die Spritzdecke nicht auf. Sie hing da unten und zappelte. Der Paddellehrer schaute ruhig zu. Wir schauten beunruhigt zu. Dann holte er sie herauf. Auf die Frage, wie weit er denn noch gezählt hätte, sagte er: Bis 21. Ich war erst bei 17.
Dann begann die erste Fahrt, Frühjahr, Hochwasser, irgendwie schaffte ich es durch die „Brunner-Wellen“. Am Campingplatz in Wildalpen fiel ich halb tot aus dem Boot. Aber ohne Kenterung geschafft. Am nächsten Morgen, nach einer langen Nacht am Lagerfeuer, ging es weiter, der 2. Abschnitt vom Campingplatz bis Fachwerk. Für mich allerdings nur 2 Kurven lang. Ich kenterte auf 200m 2x. Der Paddellehrer, der 10 Anfänger „am Hals“ hatte, sagte: Margret, tuat ma lad, du muasst aussteig’n. Die Fachwerkwalz’n packst du net.
Leider war die Ausstiegsstelle von mir sehr ungünstig gewählt. Ich war von der 2-maligen Kenterung und dem Ans-Land-Schwimmen samt Boot und Paddel im eiskalten Wasser fix und fertig – und allein. Vor mir ein steiles Waldstück, das ich normalerweise nicht einmal „ohne“ leicht bewältigt hätte. So kam das Boot mit vielen Restlitern Wasser und das Paddel dazu. Beides schwer zu manövrieren im dichten Mischwald. Mit rutschigen, ausgeliehenen, zu großen Neoprenfüsslingen.
Ich kämpfte mich cm um cm den Berghang hinauf bis zur Straße. Keine Ahnung, wie lange ich gebraucht habe. Irgendwann war ich oben, legte mich neben Boot und Paddel an den Straßenrand und fuhr mit letzter Kraft meinen Daumen aus. Sofort nahm mich jemand mit, pitschnass und erdverschmiert wie ich war. Ja, das war damals so.
Autostoppen geht heute gar nicht mehr, die Boote sind leichter, aber die Paddler, glaube ich, sind immer noch a bissi deppat.
Die flüchtige Paddelbekanntschaft, die ich erst zwei Jahre später kennenlernte aber schon mit den Suppenlöffeln musizieren sah, produzierte mit diesem Spruch ein Pickerl, das wir dann jahrelang um 1.- Schilling pro Stück verkauften. Es fand reißenden Absatz. Ich hab meinen alten Mazda damit fast zugepickt. Bis auf die Scheiben.
© 2019-08-16