von Daniela Noitz
Ich sitze vor dem Haus auf der Bank und schaue. TatsĂ€chlich, ich tue sonst nichts oder fast nichts. Nur ab und an stehe ich auf, um einem der Hunde, der sich mit dem Rollwagerl in eine missliche Lage gebracht hat, aufzuhelfen. Dann dĂŒst er wieder weiter. Es ist ein wunderschöner Tag, die Sonne scheint und alles Leid, aller Schmerz, alle Missgunst scheinen weit weg zu sein. Lebensfreude herrscht hier. Und sie ist eine gute Regentin. Dabei dĂŒrften sie eigentlich gar nicht leben, diese Hunde, mehr als ein Dutzend, die hier ausgelassen herumtollen und sich selbst um ihre Behinderung nicht kĂŒmmern.
Manche sind schon mit ihrer BeeintrĂ€chtigung auf die Welt gekommen. Bei anderen war es die Folge eines Unfalles oder einer Misshandlung. Aber ganz gleich wie ihre Geschichte aussah, wie es dazu kam, alle hĂ€tten das gleiche Schicksal erfahren, nĂ€mlich irgendwo in einem stinkenden KĂ€fig qualvoll zu verrecken, wenn nicht ein herzensguter Mensch gekommen wĂ€re, um das Urteil zu sprechen, das Todesurteil. Immer noch nehmen wir uns das Recht heraus, zu entscheiden, welches Leben denn lebenswert ist und welches nicht. Bei Menschen nur hinter vorgehaltener Hand, bei anderen Tieren hat man da weniger Skrupel. Doch dann kam eine und meinte, sie wĂŒrde ihnen ermöglichen ihr Leben zu leben, so wie sie es vermögen. Eine Frau, die nicht zusehen wollte, wie sie verkĂŒmmern. Seitdem dĂŒrfen sie an diesem Ort leben, toben und ausruhen. Es scheint, als wĂ€re es nie anders gewesen, trotz all dem Schlechten, das sie erlebt haben. Als wĂ€re es nie geschehen.
Es bedeutet nicht nur viel Arbeit, sich um all diese Hunde zu kĂŒmmern, sie entsprechend zu versorgen, doch diese Frau, die sie aufgenommen hat, widmet ihnen ihr Leben, als gĂ€be es nichts anderes. Und vielleicht ist es tatsĂ€chlich das, was so viele vergeblich suchen, eine Aufgabe, bei der man jeden Tag aufs Neue sieht, wie sinnvoll sie ist, was es fĂŒr einen Unterschied macht fĂŒr das Leben anderer. Dennoch ist das Schicksal nicht gnĂ€dig und beruft diese Frau allzu frĂŒh ab. Was geschieht nun mit den Hunden? Ihre gröĂte Angst war, nach dem vernichtenden medizinischen Urteil, das ihr bescheinigte, nicht mehr lange zu leben zu haben, dass ihre SchĂŒtzlinge doch noch in irgendeinem Heim landen, in dem niemand Zeit hat, sich adĂ€quat zu kĂŒmmern oder bei diesen gutmeinenden Menschen mit ihren Euthanasiephantasien. Wer wĂŒrde diese BĂŒrde auf sich nehmen?
TatsĂ€chlich findet sich jemand, der ihren Platz einnimmt und ihr Werk fortfĂŒhrt, so dass dieses wunderschöne, idyllische PlĂ€tzchen inmitten einer hĂŒgeligen Landschaft, weitab von anderen HĂ€usern, der Ort sein wird, an dem diese Hunde, die eigentlich nicht leben dĂŒrften, fĂŒr immer bleiben können.
© Daniela Noitz 2024-01-09