In letzter Zeit verspüre ich nach all den turbulenten Jahren ein großes und besitzergreifendes Verlangen nach Ruhe. Vielleicht habe ich mir in der Vergangenheit einfach zu viel zugemutet und meine Energiereserven aufgebraucht, obwohl im Moment keine erwähnenswerten Herausforderungen auf mich warten, werde ich dieses Gefühl nicht los. Meine Aufmerksamkeit wendet sich wieder meinem Bildschirm zu und ich beantworte ziemlich schuldbewusst ein paar Mails. Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, ich bin nicht bemüht meine Arbeit zu erledigen. In der Zwischenzeit bemerke ich beim Blick aus dem Fenster, das ich ganz die Zeit vergessen habe und es draußen schon dämmert. Meine Katzen, von denen ich vier Stück besitze, machen sich auch schon bemerkbar, indem sie mich miauend umkreisen, um mir mitzuteilen, dass die Raubtierfütterung fällig ist. Noch ein letztes Telefonat sage ich zu mir, dann beende ich diesen Arbeitstag für heute. Als ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung bei der Scheune wahrnehme. Plötzlich ist sie wieder da diese unerklärliche Angst, die sich nicht zuordnen lässt. Ich stehe auf und gehe, näher zum Fenster. Aber es gelingt mir nicht zu erkennen, was sich dort bewegt hat. War es der Wind? Es bleibt mir nichts anderes übrig, als in den Garten zur Scheune zu marschieren, um nachzusehen. Ich schlüpfe in meine alte blaue Wollweste und gehe hinaus. Bis zur Scheune sind es nur ein paar Meter. Noch bin ich allein zu Hause, bis mein Mann Thomas kommt, sind es sicher noch zwei Stunden. Vielleicht ist es ein Einbrecher, der sich in der Scheune versteckt? Ich nehme meinen ganzen nicht vorhandenen Mut zusammen und öffne vorsichtig die Scheunentür. Das Licht einzuschalten ist mein erster Gedanke aber die Beleuchtung geht nicht an. Für diesen Fall haben wir vorausschauend am Balken über der Scheunentür eine Taschenlampe deponiert. Also tastete ich mich langsam vor und greife nach der Lampe. Ich leuchte in den Raum hinein und fühle mich mit Licht schon etwas sicherer. Der Lichtschein der Lampe leuchtet die Scheune nicht zur Gänze aus. Es befinden sich darin Dinge, die wir ausrangiert haben. Ein paar alte Holzmöbel und einige Umzugskisten die nie ausgeräumt wurden. Offensichtlich besitzen wir, wie sehr viele Menschen eine Menge Kram. Auch einige Gartengeräte sind hier abgestellt. Mein Lichtschein tastet sich langsam von einer Ecke zur nächsten. Das alte Sofa das früher im Wohnzimmer stand, steht in der hintersten Ecke. Der dunkle Schatten, der auf das Sofa fällt, lässt nicht erkennen, ob sich dort etwas verbirgt. Ich muss meine Furcht überwinden und weitergehen.
© Sylvia Zemlyak-Böhm 2024-03-11