Die sicherste Art zu fliegen

Franz Herzog

von Franz Herzog

Story

Einfach abheben und schweben, schwerelos durch die Luft gleiten. Der Traum vom Fliegen aus eigener Kraft ist so alt wie die Menschheit. Ich konnte mir nichts Schöneres vorstellen, als die Freiheit nach einer anstrengenden Bergtour mit dem Paragleiter ins Tal zu schweben. Dieses prickelnde GefĂŒhl des ultimativen Abenteuers galt Anfang der 1980er Jahre, als ich in Salzburg einen der ersten Ausbildungskurse fĂŒr Gleitschirmfliegen absolvierte, noch als die sicherste Art zu fliegen. Doch bald haben die ersten schweren UnfĂ€lle das Gegenteil bewiesen. Und so gilt heute Paragleiten als Risikosportart, denn der Schirm weist kein festes GestĂ€nge auf und kann bei stĂ€rkeren Turbulenzen zusammenklappen.

Auch mir ist das einmal passiert. Ein Windstoß hat den Schirm zusammenfallen lassen und ich stĂŒrzte im freien Fall in eine Schlucht. Unter mir eine spitze Felsnadel, auf die ich mit rasender Geschwindigkeit zusteuerte. Es schoss mir durch den Kopf: Das ist es also gewesen. Doch plötzlich ein lautes „Wummm“ und ich schwebte an den Felsen vorbei. Der Schirm hatte sich wieder mit Luft gefĂŒllt.

Mein erster Gleitschirm wurde unter den Piloten auch der „Sinker“ genannt. Er hatte nĂ€mlich noch so schlechte Gleiteigenschaften, dass ich mir am Gaisberg vorsorglich jede Wiese angesehen habe, die ich fĂŒr eine Notlandung nutzen konnte. LĂ€nger dauernde FlĂŒge oder ein Höherschrauben in der Thermik waren damals noch undenkbar.

Nach unserem Alpinkurs mit Sportstudenten flog ich einmal mit meinem Gleitschirm vom Sonnblick-Gletscher hinunter zum Weißsee. Es gab nur einen kleinen Fleck zum Landen und gerade da lag eine junge Dame oben ohne und genoss augenscheinlich die warme Sonne in der einsamen Bergwelt. Sie hatte keine Ahnung, dass im nĂ€chsten Moment aus der Luft ein Prinz auf sie zuschwebte und als sie mich bemerkte, stieß sie vor Schreck einen lauten Schrei aus. Zuletzt mussten wir aber beide herzlich lachen ĂŒber unsere ĂŒberraschende Begegnung.

Einmal plante ich einen Flug mit Skiern vom Edelgrieskar in der Ramsau am Dachstein. Mein Freund Gerhard half mir beim Start. Ich steckte die Enden meiner Ski in den Steilhang so dass sie in die Luft hinaus ragten. Den ausgebreiteten Schirm fixierten wir mit Weidenruten im Schnee, damit er nicht wegrutschen konnte. Zum Start stĂŒrzte ich mich in den Hang, Gerhard riss den Schirm in die Höhe und ich schwebte hinunter ins Dorf. Beim Landeanflug bemerkte ich direkt unter mir meinen kleinen Sohn Ingo auf der Schipiste. Spontan wollte ich neben ihm landen und war fĂŒr einen Moment abgelenkt. Da hörte ich von unten einen Warnschrei und sah plötzlich unmittelbar vor mir eine Stromleitung. Ich riss den Schirm herum und schaffte es noch, eine Kollision mit der Leitung zu vermeiden. Das war knapp.

Leider ist Gerhard spĂ€ter an seinem 40. Geburtstag mit dem Gleitschirm gegen eine hohe Fichte geflogen und tödlich abgestĂŒrzt. Ich war so geschockt, dass ich meinen Schirm seither nicht mehr angerĂŒhrt habe.

© Franz Herzog 2019-05-14

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