Die Tücke als Beifahrer

FineMeier

von FineMeier

Story

Wer selbst das Privileg eines Führerscheins hat, weiß höchstwahrscheinlich von der Tragik, die einen als Beifahrer heimsucht. Versteht mich nicht falsch: Ich prügel mich nicht darum, unbedingt Fahrer sein zu müssen. Ganz im Gegenteil, ich muss nach einer zehnstündigen Schicht nicht noch on top x-km heimfahren, da schlafe ich lieber. Aber, es gibt Grenzen für das, was einem als Beifahrer häufig zugemutet wird. Ein kleiner Einblick:

Es gibt diese Fahrer… diese „Korrekten“. Die strapazieren meine Nerven. Nein, sie überstrapazieren sie. Es war ein Kerl, um alle Vorurteile schnell zu beseitigen. Er war jung, aber das bin ich auch. Er fuhr auch nicht schlecht oder rasant. Aber meine Mordgelüste wurden geweckt.

Wir waren mit einem VW-Bus unterwegs, voll besetzt. Dass der keine fünf trilliarden PS hat, ist mir wohl bewusst. Dennoch bin ich felsenfest davon überzeugt, dass wir, AUCH BERGAUF, einen LKW, der 88,5km/h fährt, nicht mit 90km/h überholen müssen. Das haben weder VW, noch der LKW noch meine Nerven verdient. Gut für uns, dass es dreispurig war. Die Polos und Smarts konnten uns glücklicherweise locker flockig überholen. Ich bekam das erste Mal Puls.

Baustelle. Drei Spuren zur Auswahl: Ganz rechts, LKW, keine Option. In der Mitte, nur 2,10m Breite. Der Bus bekommt alleine beim Anblick klaustrophobische Zustände. Wir (damit meine ich meine Wenigkeit, die sich kurz zu Wort gemeldet und den Fahrer auf seine Optionen aufmerksam gemacht hat) nehmen also die linke Spur. Normal Breit und mit 100 km/h beschildert. Was ein Segen, in einer Baustelle, denke ich mir. Mein Karma lacht. Wieso 100 fahren, wenn wir auch 80 können? Schließlich haben wir den LKW schon mit 90km/h überholt. Der Fahrer erholte sich scheinbar noch von seinem Überholmanöver samt Geschwindigkeitsrausch. Fein. Von mir aus. Immerhin war der Fahrer hochkonzentriert. Meine „was stimmt eigentlich nicht mit dir?!“ Gesichtsentgleisungen nahm er zumindest nicht wahr. Auch meine abwechslungsreich abgefuckten Blicke schienen ihn nicht aus der Ruhe zu bringen. Manchmal versucht man dem Fahrer ja, ganz subtil natürlich, mit einem flüchtigen Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige, einen kleine Hinweis zu geben. Mein nicht ganz so flüchtiger Blick brüllte ihm „RECHTS IST DAS GAS“ ins Gesicht. Kam aber irgendwie auch nicht an. Gut. Dann halt nicht.

Rückfahrt. Abends. Drei freie Spuren. Und ich meine wirklich frei. Der Fahrspezialist fährt in der MITTE. Himmel! 50km hält er das aus. Und ich auch. Wobei ich mich insgeheim wundere, wieso wir weder angehupt noch rechts überholt werden. Mein Karmakonto musste im Dispo liegen. Während ich mich also Frage, ob das sog. „Rechtsfahrgebot“ nur während der NS-Zeit galt, überholte uns endlich ein Auto. Zwar auf der linken Spur, aber unser Fahrer sah endlich den Zaunpfahl und fuhr rechts rüber.

Danke und Amen für diese schwere Geburt. Als Beifahrer hat man es nicht leicht. Ich leide mit euch.

#Augenzuunddurch

© FineMeier 2019-09-19

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