Die verzauberte Feder

Kreative-Schreibwelt

von Kreative-Schreibwelt

Story

Die Feder lag da, ein unscheinbares Ding zwischen den Blättern eines alten Buches, das er auf einem Flohmarkt entdeckt hatte. Sie war weich und leicht, mit einer leichten Krümmung an der Spitze, als hätte sie gerade noch einen Gedanken zu Papier gebracht. Der Schriftsteller, ein Mann, der sein Leben den Worten gewidmet hatte, spürte eine unbeschreibliche Anziehungskraft. Er nahm sie in die Hand und strich mit seinen Fingern über die Oberfläche.

Zunächst schrieb er nur ein paar harmlose Sätze in sein Notizbuch. Ein Vogel zwitscherte auf dem Fensterbrett, eine Katze streckte sich auf der Couch. Die Beschreibungen erschienen fast lebensecht auf dem Papier. Er lächelte. Das war ein netter Effekt, aber nichts Außergewöhnliches.

Doch dann begann er eine Geschichte zu schreiben. Eine düstere Geschichte von einem Sturm, der über die Stadt fegte und alles mit sich riss. Als er den letzten Satz beendet hatte, sah er aus dem Fenster. Der Himmel war grau geworden, ein Wind heulte auf, und erste Regentropfen prasselten gegen die Scheibe. Er starrte gebannt hinaus. Hatte er das gerade wirklich verursacht?

Angetrieben von Neugier und einem Hauch von Furcht, schrieb er weiter. Er schuf ganze Welten, bevölkerte sie mit fantastischen Kreaturen und ließ sie wieder verschwinden. Doch je mehr Macht er über die Realität erlangte, desto größer wurde auch seine Angst. Er hatte die Kontrolle über die Welt in seine Hände genommen und diese Verantwortung lastete schwer auf ihm.

Eines Nachts beschloss er, die Feder für das Gute einzusetzen. Er schrieb von Frieden, Liebe und Harmonie. Doch seine wohlgemeinten Worte führten zu unerwarteten Konsequenzen. Ein Friedensstifter wurde zum Diktator, eine Liebesgeschichte endete in Tragödie. Die Welt, die er zu verbessern suchte, geriet immer weiter aus den Fugen.

In seiner Verzweiflung versuchte er alles, um die Macht der Feder zu bändigen. Er strich Worte durch, schrieb neue Geschichten, doch nichts schien zu helfen. Die Realität hatte sich zu einem unkontrollierbaren Wirbelwind entwickelt. Und er war der Schuldige.

Am Ende saß er an seinem Schreibtisch, die verzauberte Feder lag schwer in seiner Hand. Vor ihm lag ein leeres Blatt Papier. Er atmete tief ein. Ein riskanter Plan reifte in seinem Kopf. Er begann zu schreiben.

„Und dann wachte er auf und stellte fest, dass es nur ein Traum gewesen war.“

Er blickte auf. Ein Zweifel nagte an ihm. War es wirklich nur ein Traum? Oder hatte er die Grenze zwischen Realität und Fiktion endgültig verwischt? Er blickte aus dem Fenster. Der Himmel war klar, die Sterne funkelten. Doch ein Hauch von Ungewissheit lag in der Luft. Hatte er die Welt verändert, oder hatte die Welt ihn verändert?



© Kreative-Schreibwelt 2024-09-18

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional, Hoffnungsvoll
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