von Lucy Reimer
Kapitel 2 – Die Kollegen
Ich musste schnell feststellen, die haben alle ne Meise!
Das ist durchaus positiv gemeint. Es war noch eine Zeit, in der ich sehr schüchtern war und dank meiner Kollegschaft und dem vielen Kontakt zu den Kunden traute ich mich immer mehr. Es fühlte sich in manchen Betrieben, in denen ich war ziemlich heimelig an. Es gab verschiedene Arten von Kollegen. Bei einigen hatte man das Gefühl es könnten Freunde fürs leben sein, dann gab es wiederum jemanden den ich persönlich am liebsten als meinen Opa gesehen hätte und auch von jedem liebevoll Opi genannt wurde.
Im weiteren Verlauf meiner Zeit sah man die Leute kommen und gehen. Es gibt Menschen die nur Nachweise für das Arbeitsamt brauchen und einige die erst motiviert sind und am nächsten Tag verheult auf der Bank saßen, weil ihnen der Job körperlich zu anstrengend war. Zwischen dick und dünn ist alles dabei und man darf solche Menschen nie unterschätzen. Ich zählte zu den dickeren und es dauerte ein halbes Jahr bis ich auf dem Niveau war Pakete zeitgemäß zuzustellen. Ich habe gar nicht gemerkt wie sehr mich dieser Job geprägt hat.
Es war auch belustigend zu sehen, dass es Menschen gibt, die immer wiederkehren. Das konnten mitunter die größten Arschlöcher sein, aber sie konnten arbeiten und in der Branche darf man wohl nicht wählerisch sein. Im Laufe der Jahre bemerkt man viele Eigenheiten der Kollegen. Man lernt sich besser kennen, teilweise auch private Umstände und man merkt wie besonders diese Menschen sind. Bei einigen könnte man meinen ihre Denkweise reicht nur bis zur nächsten Tür, während andere es schaffen dich mit ihrem wissen sprachlos zu machen. Genauso vielseitig ist es auch bei den Kunden.
Unter einigen meiner Kollegen hat sich eine gute Freundschaft entwickelt und ich hätte nicht gedacht das sie ein Teil meines Lebens werden. So gibt es heute noch treffen und Grillfeten mit und unter der Familie.
Ich kann mir auch vorstellen, das so mancher Kunde gedacht haben muss das ich nicht richtig ticke. Achtet mal darauf, ob euer Bote ein Headset trägt. Es könnte jemand am anderen Ende sein. So verbrachte ich fast den ganzen Tag mit meinen zwei liebsten Kollegen. Die Telefonkonferenz an sich war manchmal sehr tiefgründig und andererseits immer lustig und humorvoll. So bietet der Kunde selbst manchmal auch gute Vorlagen, um einen den Tag zu versüßen.
Fazit für mich wurde irgendwann: Um hier arbeiten zu können, braucht man einen Dachschaden. Egal auf welche Art und Weise und wie weit die Psyche angekratzt ist. Im Paketdienst bist du richtig, wenn du anpacken kannst und mit verrückten Leuten wie dir selbst hantieren möchtest.
© Lucy Reimer 2024-10-04