von Herbert Nill
Ein gewisser Esteban gab in der Brucker Tenne ein Gitarrenkonzert und so musste ich als Spanienfan hin. Passend zur Veranstaltung gab es Sangria. Nachdem dieser auf Grund des großen Besucherandranges bald aus war, genehmigte ich mir ein paar Gläschen Ribislwein. Da erspähte ich plötzlich meine alte Schulkollegin Gertrud zusammen mit einer zweiten Frau. Beschwingten Fußes tänzelte ich an deren Tisch und bat um einen Tanz. Meinerseits misslang die Tanzerei ziemlich, aber die junge, hübsche Dame hat es tapfer ertragen. Mit durch Sangria und Ribislwein gelockerter Zunge kam ich rasch ins Gespräch und erfuhr, dass die mutmaßliche Gertrud eine Engländerin, meine Tanzpartnerin eine Slowenin war. Ich muss dann doch einen festen Abdruck auf ihren Zehen hinterlassen haben und so verabredeten wir uns für das kommende Wochenende. Im damaligen In-Lokal Central pochte mein Herz gleich mächtig. Nicht so sehr wegen der Bekanntschaft, sondern vielmehr wegen der ersten Bestellung von ihr. Einen Kaffee, 1/4 Wein und ein Mineralwasser! „No, servas, das wird mich schneidig was kosten!“, waren meine Gedanken mehr in meinem Geldbeutel als im ihrem Ausschnitt. Aber langfristig betrachtet hat sich die Investion dann doch ausgezahlt.
Meine drei Aktionen, die dann gefolgt sind, haben unser weiteres Kennenlernen dann doch auf eine harte Probe gestellt.
Beim Nachhausegehen wollte ich ihr den Sternenhimmel etwas näherbringen. Keine Ahnung, was sie wollte, jedenfalls nichts von den Sternen wissen.
Der nächste Anlauf hat uns ins Kino geführt: Ben Hur mit Charlton Heston, für mich der Film, für sie offensichtlich nur vertrödelte Zeit.
Aber ein Kämpfer lässt sich nicht entmutigen und so habe ich noch einen draufgesetzt. Mit dem alten VW Käfer zum Eishockeyspiel Salzburg gegen KAC. Die Heizung mit der 6 Volt-Batterie hat zwar für den Sommer ganz gut gereicht, weniger für den Winter. Erst nach rund 1 1/2 Stunden Fahrt hat sich das kleine Gucklock bei der Autoscheibe langsam etwas geweitet. Im Stadion waren wir dann 90 Minuten vor Spielbeginn wegen des guten Platzes in der Fanzone, Stehplatz natürlich.
Wie lange das Spiel dauert, wurde ich gefragt. Korrekterweise gab ich 3 mal 20 Minuten zur Antwort. Verschwiegen habe ich dabei, dass es sich dabei um reine Spielzeit handelt und außerdem zwischen den Dritteln Pausen liegen. Letzlich waren wir rund vier Stunden in der damals noch offenen Eishalle, dafür mit ein paar Einlagen. Mitten im Fansektor ist es dann so richtig zur Sache gegangen. Von beiden Seiten wurde ihr mit Trompeten in die Ohren geblasen. Hinter ihr nahm ein Raucher ihre Pelzmütze als willkommenen Aschenbecher her und dann kam noch von hinten ein Schuss Bier nach vorne. Alles begleitet von Schlachtgesängen wie „Puschnigg Sepp, oida Depp“. Wir haben das alles tapfer durchgestanden und sind jetzt 42 Jahre verheiratet. Fest steht, dass ich sie heute noch mehr mag, als damals im Central, als sie drei Getränke auf einmal bestellt hat.
© Herbert Nill 2020-02-12